Unter dem Schock, den die massiv angestiegene Vernichtung des Amazonas-Urwalds ausgelöst hat, kündigt Brasilien drastische Gegenmassnahmen an. Erstaunlich spät, denn ganz unerwartet kommt die schlechte Nachricht nicht. Greenpeace Brasilien spricht von der «Chronik eines angekündigten Todes», frei nach dem Roman von Gabriel García Márquez.
Die Massnahmen, die Präsident Lula da Silva am Donnerstag angekündigt hat, sind nicht durchweg neu. Sie sind zum Teil schon im brasilianischen Urwaldschutzprogramm von 2004 enthalten. Doch vieles blieb Papier. Die Gesetze wurden unzureichend angewendet oder traten nicht in Kraft. Das rächt sich jetzt.
Schon im Juni 2007 zeigten sich Alarmzeichen dafür, dass der positive Trend der letzten Jahre bald wieder enden könnte: Die Preise für Soja und Rindfleisch zogen an. «Die Ökonomie kontrolliert die Entwaldung», sagt Paulo Adario, Leiter der Waldkampagne von Greenpeace Brasilien. «Immer wenn die Preise steigen, steigt auch die Entwaldungsrate.» Brasilien ist der grösste Sojaexporteur der Welt.
«Die Regierung hat drei Jahre verloren», so Adario. «Anstatt der Welt zu erzählen, wie gut sie sind, hätten sie die Phase der letzten Jahre, in denen der Druck auf den Wald ein wenig nachliess, nutzen sollen. Sie hätten staatliche Oberhoheit und Kontrolle stärken müssen, um nachhaltige Erfolge zu erzielen.»
Ab sofort gilt nun ein Moratorium auf weitere Rodungslizenzen für alle Urwaldgemeinden, in denen die Entwaldung sehr hoch oder schon gänzlich ausser Kontrolle geraten ist. Das betrifft die 36 Gemeinden in Amazonien, die Ende 2007 für 80 Prozent der Zerstörung verantwortlich waren. Sie befinden sich in den vier brasilianischen Bundesstaaten Mato Grosso (53,7 Prozent), Pará (17,8 Prozent), Rondonia (6 Prozent) und Amazonas (1 Gemeinde).