Radioaktivität kann man nicht sehen. Das macht sie besonders heimtückisch und gleichzeitig unfassbar. Der Fotograf Greg McNevin hat eine Möglichkeit entwickelt, radioaktive Strahlung in der Landschaft zu zeigen. Das Ergebnis seiner Arbeit in Tschernobyl ist von einer beängstigenden Schönheit – und sichtbares Zeugnis einer Katastrophe, die auch 30 Jahre später andauert.

Nach dem Reaktorunfall in Fukushima trat ich dem Greenpeace-Strahlenschutzteam bei, um die Höhe der Strahlenbelastung für die Bevölkerung zu messen und die Lage aufzuklären. Greenpeace dokumentiert seit über 40 Jahren Umweltverschmutzung und -zerstörung, aber eine Frage hat mich nicht mehr losgelassen: Wie kann man etwas sichtbar machen, das unsichtbar ist?

Mit Leuchtstab und Geigerzähler
Wir fanden die Antwort in einem speziell angefertigten LED-Leuchtstab, der – an einen Geiger-Zähler angeschlossen – radioaktive Strahlungslevel messen und in Echtzeit anzeigen kann. Man nimmt ein Bild von einer kontaminierten Fläche mit langer Beleuchtungszeit auf, geht mit dem Messgerät darüber und erhält eine wellenförmige Lichtwand, welche die Strahlung in der Umgebung visuell auf einer Karte darstellt.

Weisses Licht zeigt jene Radioaktivität an, welche die Regierung als akzeptabel eingestuft hat. Oranges Licht weist auf eine Überschreitung des «sicheren» Kontaminationslevels hin. Ein rotes Signal zeigt eine Verstrahlung an, bei der die Bevölkerung evakuiert werden müsste.

Gefährliche Strahlungswerte gefunden
Als wir dieses Messgerät in den Katastrophengebieten von Tschernobyl und Fukushima benutzten, fanden wir Bereiche, die von den Behörden als «dekontaminiert» eingestuft wurden, aber dennoch Strahlung oberhalb des zugelassenen Limits aufwiesen. Die Radioaktivität bleibt bestehen. In Russlands Bryansk-Region fanden wir dreissig Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl noch Strahlungslevel, die mit den heutigen Werten in den Evakuierungszonen von Fukushima vergleichbar sind.

Egal ob fünf oder dreissig Jahre danach, die Strahlungsrisiken bleiben, und die Gemeinden kämpfen weiterhin mit Problemen, die aus dem deutlich komplizierter gewordenen Alltag und dem Zerfall ihrer Ortschaften resultieren. In Starye Bobovichi, einige hundert Kilometer von Tschernobyl entfernt, glaubt die Schulleiterin Tatyana Dorokhova, dass kontaminiertes Material auf das Schulgelände gelangt ist. Das könnte erklären, wieso wir im Garten der Schule und auf dem Spielplatz Flächen erhöhter Strahlung entdeckt haben, aber woanders konstant niedrige Strahlungslevel.

Radioaktivität bleibt lange in der Umwelt
25 Jahre trennt die Katastrophen von Fukushima und Tschernobyl, aber die aus ihnen resultierenden Tragödien sind vergleichbar und der Unfall präsent wie eh und je. Radioaktivität akkumuliert sich und bleibt für lange Zeit in der Umwelt, bis sie schließlich jeden Aspekt des Lebens in der Gemeinde erfasst hat.

Autor Greg McNevin ist freiberuflicher Fotograf. Folgen Sie ihm auf Twitter und Instagram .


Gefahr eines weiteren Atomunfalls ist real
Ein atomarer GAU ist leider auch in der heutigen Zeit und in einem technologisch hoch entwickelten Land möglich – das hat der Atomunfall von Fukushima vor 5 Jahren gezeigt. Und in der Schweiz steht das älteste Atomkraftwerk der Welt. Wegen seines Alters und vieler weiterer Probleme geht vom AKW Beznau ein besonders hohes Risiko aus. Greenpeace Schweiz setzt sich dafür ein, dass das marode Kraftwerk definitiv abgestellt wird. Mehr Infos: www.byebyebeznau.ch

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