Für die Reichen und Mächtigen am WEF in Davos funktioniert unser Wirtschaftssystem prächtig. Doch vielerorts sind Menschen gezwungen, sich zwischen Essen und Heizen zu entscheiden. Es braucht einen grundlegenden Wandel.

Der jüngste Bericht der Credit Suisse über weltweite Vermögen hat ergeben, dass 2021 die Zahl der Menschen mit einem Vermögen von über 50 Millionen US-Dollar sprunghaft angestiegen ist. Aktuell gehören 218’200 Menschen in diese Kategorie der «Ultra High Net Worth». Das sind 46’000 mehr als im Vorjahr. 

Die Reichsten der Welt sind reich und mächtig, weil sie die grössten Probleme unserer Zeit mitverursacht haben – nicht nur die hohe Inflation, sondern auch die wachsende Ungleichheit, die Energiekrise, die Klimakrise und die Krise des Gesundheitssystems. Was all diese Krisen miteinander verbindet, ist unser Wirtschaftssystem, das auf Ungleichheit und Ausbeutung des Planeten basiert. Kaum verwunderlich, liegt es nicht im Interesse der Profitgetriebenen, etwas am Status quo zu ändern. Denn: Sie profitieren davon. 

Kleine Korrekturen reichen nicht aus für eine gerechte und lebenswerte Zukunft für alle. Vor 50 Jahren wurde das Buch «Die Grenzen des Wachstums» veröffentlicht. Die damalige Botschaft: Die vorhandenen Ressourcen sind zu knapp, um die Wirtschaftswachstumsraten über das Jahr 2100 hinaus zu tragen. 

Heute wissen wir: Das gegenwärtige System stösst bereits jetzt an seine ökologischen Grenzen. Die Klimakrise und das Artensterben haben sich verschärft. Die soziale und strukturelle Ungleichheit hat zugenommen. Doch das kümmert die Reichen und Mächtigen am WEF nicht.

Greenpeace-Campaignerin Agnes Jezler kommentiert das Weltwirtschaftsforum

Grund zur Hoffnung 

Die systemischen Lösungen für diese multiplen Krisen sind bekannt. Wir können den wirtschaftlichen und politischen Rahmen so gestalten, dass er den Menschen und der Natur dient, anstatt uns und unsere Lebensgrundlagen auszubeuten.

Als ersten Schritt müssen wir denjenigen den Mittelpunkt gewähren, die am meisten von der Klimakrise betroffen sind – die Menschen, die am wenigsten dazu beigetragen haben. Das sind unter anderem die Stimmen indigener Völker, von Minderheiten und von Frauen.

Ein zweiter Schritt ist die Einführung einer Reichensteuer. Greenpeace unterstützt die Forderung der Fight Inequality Alliance. Die Besteuerung von Reichtum findet inzwischen sogar bei Menschen Unterstützung, die selbst tief ins Portemonnaie greifen müssten. 

Morris Pearl ist ehemaliger Geschäftsführer von BlackRock, einer der weltweit grössten Investmentfirmen. Er sagt: «Ein System, das den Reichtum der reichsten Menschen der Welt endlos aufbläht und Milliarden von Menschen in die Armut treibt, ist nicht zu verteidigen. Wir brauchen einen tiefgreifenden, systemischen Wandel. Er beginnt damit, reiche Leute wie mich stärker zu besteuern.» 

Pearl zeigt, dass selbst unter den Superreichen ein Umdenken möglich ist. Er ist Vorsitzender einer Gruppe von Hunderten von vermögenden Amerikaner:innen, welche die Forderung der Fight Inequality Alliance unterstützen. 

Superreiche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz setzen sich auf der Plattform Taxmenow ebenso für mehr Steuergerechtigkeit ein. Ihr Ziel ist es, Änderungen im Steuersystem anzuregen, die zu einem strukturellen Wandel des Wirtschaftssystems führen. 

Echter Wandel ist möglich

Laut Oxfam würde eine jährliche Vermögenssteuer von Superreichen mit einem Mindestvermögen von 5 Millionen Dollar gut 2500 Milliarden Dollar pro Jahr einbringen. Dieser Betrag würde mehr als ausreichen, um 2,3 Milliarden Menschen aus der Armut zu befreien und allen 3,6 Milliarden Bürger:innen in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen eine allgemeine Gesundheitsversorgung und sozialen Schutz zu bieten. 

Immer mehr Menschen fordern, dass die Reichen und Mächtigen aufhören, in Klima- und Naturzerstörung zu investieren und einen fairen Anteil an Steuern zahlen. Es ist an der Zeit, das Wirtschaftssystem zu ändern!