Joëlle Hérin, unsere Fachexpertin für Konsumsysteme fordert vom Detailhandel mehr Qualität statt Quantität. Im Interview spricht sie über Überkonsum, Kreislaufwirtschaft und unsere Ziele für 2023.
Wir konsumieren zwei Planeten zu viel. Wie lässt sich das ändern?
Schauen wir zuerst auf das Ernährungssystem: Die Schweiz importiert rund 1,4 Millionen Tonnen Futtermittel für unsere Nutztiere und auch fast 50% unserer Nahrungsmittel. Wir konsumieren also auf Kosten der Natur und der Lebensqualität anderer Menschen im Ausland. Greenpeace fordert ein Umdenken im Ernährungssystem. Dabei ist es wichtig, dass auch Coop und Migros, die mit 80% eine geteilte Monopolmacht über die Lebensmittelindustrie haben, in die Verantwortung genommen werden und ihren Produzent:innen und Konsument:innen ermöglichen umzustellen.
Und wie reduzieren wir den Überkonsum im Non-Food-Bereich?
Wenn wir unsere Kleider, Smartphones oder Möbel länger nutzen, hat dies einen enormen Effekt – mehr als Recycling, das zeigt eine aktuelle Studie von Greenpeace. Auch hier stehen die Grossen im Detailhandel in der Verantwortung. Diese müssen aktiv ein neues Konsumverhalten fördern, nach dem Motto «Qualität vor Quantität». Anstelle von Billigstware müssen sie langlebige, reparierbare und wiederverwendbare Produkte inklusive Reparaturdienstleistungen anbieten.
Welche Detailhändler bewegen sich in Richtung Kreislaufwirtschaft?
Unsere Vergleichsstudie unter den grössten Detailhändlern, Kaufhäusern und Onlineshops auf dem Schweizer Markt zeigt, dass selbst bei der bestplatzierten Migros noch viel Handlungsbedarf besteht. Viele Anbieter gewähren nicht einmal Einblick in ihre Bemühungen. Insgesamt ist die Bilanz ernüchternd – der Wandel schreitet nur im Schneckentempo voran. Entsprechend fordern wir mehr Ambitionen bei der aktuell laufenden Revision des Umweltschutzgesetzes, wo wichtige Grundsätze für eine Kreislaufwirtschaft festgeschrieben werden. Greenpeace fordert unter anderem die Verankerung des Rechts auf Reparatur.
Gemeinsam setzen wir uns für einen Konsum ein, der die Grenzen unseres Planeten respektiert. Dazu brauchen wir engagierte Menschen wie dich – und deine finanzielle Unterstützung.