Am 2. Oktober gingen die Brasilianer:innen an die Urnen, um zu entscheiden, wer der Präsident des Landes für die nächsten vier Jahre sein soll. Luiz Inácio Lula da Silva erhielt 57.3 Millionen Stimmen, Jair Bolsonaro erzielte gut 51 Millionen Stimmen. Am 30. Oktober gibt es eine Stichwahl. In den kommenden vier Wochen steht viel auf dem Spiel. Ein Kommentar von Greenpeace Brasilien.

Vier Jahre Zerstörung

Seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2019 war die Regierung Bolsonaro ein Katalysator für erschütternde soziale, wirtschaftliche und ökologische Rückschläge. Wir haben Leben verloren, wir haben Wälder verloren, wir haben Rechte verloren, wir haben Zeit verloren. Deshalb wird das Ergebnis am 30. Oktober unsere Zukunft entscheidend beeinflussen. Nach vier Jahren katastrophaler Politik wird das brasilianische Volk die Chance auf eine demokratische Veränderung haben. Die Abwahl Bolsonaros würde ein Ende der permanenten und unvorstellbaren Angriffen auf Institutionen, Wissenschaft, Presse und die von der Verfassung geschützten Rechte der Bürger:innen bedeuten.

In diesem kritischen Moment in der Geschichte Brasiliens hat die Bevölkerung die Möglichkeit, sich für eine bessere Zukunft zu entscheiden. Bolsonaro legt einen Plan vor, der keine Verantwortung für die schädlichen Konsequenzen seiner vierjährigen Amtszeit übernimmt. Im Umweltbereich deutet der Plan auf eine Fortsetzung der bisherigen Politik hin. Eine Politik, die dazu geführt hat, dass Brasilien viele traurige Rekorde aufgestellt hat: bei der Abholzung, bei Emissionen, Bränden und bei der zunehmenden Gewalt gegen indigene Völker, traditionelle Gemeinschaften und Umweltschützer:innen

Indigene Aktivist:innen protestieren in Brasília gegen den Gesetzesentwurf 191, der den illegalen Bergbau auf indigenem Land legalisieren soll. Mit Schlamm und Kunstblut bedeckt marschieren sie zu den Gebäuden der Ministerien, um die Zahl der Toten, die Gewalt und das Leid zu symbolisieren, das der illegale Bergbau verursacht. @ Tuane Fernandes / Greenpeace

Grosse Herausforderungen für Lula

Das bedeutet jedoch nicht, dass es keine Herausforderungen geben wird, wenn Lula die Wahl gewinnt. Obwohl Brasilien in seiner Amtszeit von 2003 bis 2010 einen deutlichen Rückgang der Entwaldung im Amazonasgebiet verzeichnen konnte, wird die neue Regierung die Aufgabe haben, die von Bolsonaro in den vergangenen Jahren verordneten Rückschritte radikal rückgängig zu machen. Ziel muss es sein, eine ehrgeizige, transparente Umwelt- und Klimaschutzagenda unter Beteiligung der Gesellschaft voranzutreiben. Darüber hinaus wird sich die Regierung Lula mit einem mehrheitlich rechtsgerichteten Nationalkongress, auseinandersetzen müssen. Das brasilianische Parlament lehnt die sozial-ökologische Agenda grösstenteils ab.

Um die Zukunft Brasiliens zu sichern, muss die nächste gewählte Regierung ein Projekt umsetzen, das sich in hohem Masse für den Wiederaufbau des Landes einsetzt. Das bedeutet in erster Linie die Abkehr von der derzeitigen umwelt-, indigenen- und demokratiefeindlichen Politik. Sie muss vorrangig Massnahmen ergreifen, um die dringenden Bedürfnisse ärmerer Familien zu befriedigen, den sozial-ökologischen Abbau rückgängig zu machen, die illegalen Aktivitäten im Amazonasgebiet zu kontrollieren und zu verhindern, den Hunger in Brasilien zu beseitigen und die Menschen mit gesunden Lebensmitteln ohne Pestizide zu versorgen. Ausserdem muss sie sich dazu verpflichten, Brasilien bis 2045 kohlenstoffneutral zu machen.

Globaler Klimastreik in São Paulo, Brasilien. © Victor Bravo / Greenpeace

Vier ausschlaggebende Wochen 

Es steht viel auf dem Spiel. Die nächsten vier Wochen werden eine Herausforderung sein: Fake News, Lügen und Verleumdungskampagnen werden zunehmen. Wir müssen wachsam sein und auf der Suche nach der Wahrheit alle Informationen überprüfen. Es gilt, wie bis anhin, die eigene Sichtweise zu erweitern und die Kanäle zu diversifizieren, über die Inhalte verbreitet werden.

Wir sind sicher, dass wir uns gemeinsam mit Millionen von Brasilianer:innen auf den Weg zu dem Land machen können, das Brasilien unserer Meinung nach verdient und sein kann: grüner, menschenwürdiger und gerechter für alle. 

Und wir von Greenpeace werden weiterhin so agieren, wie wir es immer getan haben: unabhängig und energisch, mit Kraft und Ausdauer. Denn es gibt keine andere Option: Was auf dem Spiel steht, wird unsere Zukunft und die unserer Nachkommen bestimmen.

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