Migros und Coop gehören im Schweizer Fleischmarkt zu den wichtigsten Akteuren in allen Bereichen – Import, Schlachtung, Verkauf und Vertretung in der Branchenorganisation Proviande. Nutzen die beiden Detailhändler diese Marktmacht aus, um zu verhindern, dass der Fleischkonsum in der Schweiz sinkt? In einem Themenpapier sucht Greenpeace Schweiz nach Antworten.
Der Lebensmittelhandel in der Schweiz ist von zwei grossen Unternehmen dominiert: Migros und Coop. Gemäss Schätzungen besitzen die beiden Detailhändler, inklusive Migros-Tochter Denner, einen Marktanteil von 80 %. Ein solches Duopol bringt auch Freiheiten in der Preis- und Sortimentsgestaltung. Ein neues Themenpapier von Greenpeace Schweiz beleuchtet die Frage: Nutzen die Gross-Genossenschaften Migros und Coop ihre Position im Schweizer Markt, um den Konsum von Fleischprodukten aufrechtzuerhalten? Einiges deutet darauf hin.
Fleisch-Aktionen im Überfluss
41 % des Fleischumsatzes machen die Detailhändler mit Aktionen. Diese gewähren sie meist auf Fleisch aus dem Ausland und/oder konventioneller Haltung. Finanzieren die Detailhändler also günstig produziertes Fleisch quer, indem sie die Margen auf Labelprodukte künstlich erhöhen?
Mit Bell und Micarna haben Coop und Migros Vertreter in fast allen Organen und Kommissionen von Proviande. Als grösste Fleischverkäufer der Schweiz profitieren sie auch überproportional von deren von Steuergeldern bezahlte Werbung für Schweizer Fleisch.
Wichtige Rolle als Importeure
Auch bei den Fleischimporten gehören Coop und Migros zu den grossen Akteuren. 2021 hat die Schweiz 46’668 Tonnen Geflügel importiert. Die grössten Importeure sind, in dieser Reihenfolge, Coop, der Basler Fleischimporteur GVFI International und Migros. Migros und Coop profitieren wirtschaftlich also als Importeure und Verkäufer davon, wenn die Schweizer Bevölkerung viel Fleisch isst. Besonders pikant: Via Proviande-Vertretungen nehmen die beiden Detailhändler auch Einfluss darauf, wieviel Fleisch importiert werden kann.
Migros plant neuen Mega-Schlachthof
Auch bei der inländischen Geflügelschlachtung sind Migros und Coop ganz vorne mit dabei. Von insgesamt 79 Millionen geschlachteten Masthühnern in 2021, wurden rund 40 %, mehr als 32 Millionen Hühner, von Micarna geschlachtet. Jetzt plant die Migros-Tochter einen riesigen neuen Geflügelschlachthof in St-Aubin, Kanton Fribourg. Dort sollen 40 bis 50 Millionen Hühner jährlich geschlachtet werden. Auch diese Schweizer Hühnerproduktion missachtet das Tierwohl systematisch. Und sie verantwortet mit ihrer Abhängigkeit von Kraftfutter globale Umweltzerstörungen.
Der Kanton Fribourg, Micarna und der involvierte Industriestandort Agrico informieren dabei sehr lückenhaft über das Schlachthof-Projekt. Ein Schlachthof solchen Ausmasses bringt auch lokal ökologische Zerstörungen und soziale Probleme mit sich. Den Involvierten scheinen die wirtschaftlichen Vorteile aber wichtiger zu sein.
Politische Chance am 25. September 2022
Die Schweizer Bevölkerung isst durchschnittlich 52 kg Fleisch pro Jahr. Angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise ist dieser Fleischkonsum schon lange nicht mehr tragbar. Die Schweiz kann ihre Klima- und Biodiversitätsziele damit nicht erreichen. Das Themenpapier von Greenpeace Schweiz zeigt: Coop und Migros halten am Status quo fest – und nutzen ihre Marktpositionen um diesen zu festigen. Die Stimmbürger:innen der Schweiz haben am 25. September 2022 die Chance, selber Verantwortung für ein nachhaltigeres Ernährungssystem zu übernehmen und wichtige politische Grundsteine für einen nachhaltigen Wandel zu setzen: mit einem JA zur Initiative gegen Massentierhaltung.