Wer ist Miss Chicken und warum wurde sie zur Huhn-Aktivistin?

Miss Chicken ist eine Huhn-Aktivistin, welche zusammen mit Greenpeace Schweiz auf die zerstörerische Realität der industriellen Tierproduktion in der Schweiz aufmerksam machen und diese stoppen will. Sie fordert ein sofortiges Ende aller Mega-Schlachthäuser-Projekte in der Schweiz. 

Die Geschichte von Miss Chicken

Miss Chicken ist ein hochgezüchtetes Masthuhn. Kurz vor dem Schlachthof schaffte sie es aus dem Lastwagen zu springen, trotz ihrem Bein, welches aufgrund der immensen Gewichtszunahme in sehr kurzer Zeit bereits gebrochen war. Bisher kannte sie nur das Leben im Hühnerstall wo sie sich mit tausenden anderen Hühnern bis zu 16 Stunden am Tag den Magen mit Soja, Weizen und Mais voll geschlagen hat. Regelmässig gingen Gerüchte in der Hühnerschar umher, das nur ein paar Wochen vorher tausend andere Hühner in diesem Stall gelebt hatten. Ja, dass sie sogar dieses Jahr schon die 9. Gruppe von Hühnern sind, die in diesem Stall leben. Auch wurden nach 3-4 Wochen einige Hühner schon weggenommen in einem riesigen Transporter. Einige Hühner haben Horrorgeschichten erzählt, dass diese Hühner als sogenannte «Mistkratzerli» für den Konsum der Menschen getötet werden.

Für Miss Chicken war gerade diese Vorstellung der blanke Horror. Dies war der Moment, in dem Miss Chicken beschloss, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um zu fliehen. Ab diesem Moment bemerkte sie auch, wie das sonst so schmackhafte Futter nach brennendem Holz und Diesel roch. Während sich alle Hühner auf das Fressen stürzte, glaubte Miss Chicken, Schreie von Menschen und Tieren zu hören. Sie versuchte, die anderen Hühner zu fragen, ob sie diese Dinge auch rochen und hörten, aber alle waren so verrückt nach dem Futter, dass sie nicht zuhörten. Sie fingen an, sich um das Futter zu streiten und griffen sich gegenseitig an. Miss Chicken rannte in die kleinste Ecke, die sie finden konnte, über tote Hühnerkörper und ganz viel Hühnerkot.  

Über Tage versuchte Miss Chicken vergebens, sich mit den anderen Hühnern auszutauschen. Als dann der Tag kam, an dem sie in einem auf der Seite offenen Lastwagen transportiert wurde, wusste sie, dass sie auf sich allein gestellt war. Sie wurde in eine winzige Kiste mit vielen anderen Hühnern gezwängt und konnte sich kaum mehr bewegen. Sie hatte das Gefühl, dass sie nur durch den Fahrtwind überhaupt atmen konnte, während sie ihr gebrochenes Bein kaum mehr spürte, da andere Hühner in der Platznot ständig darauf standen. Alle waren verängstigt und kein Huhn wusste, was los war. 

Als der Lastwagen langsamer wurde, sah sie eine Chance zu entkommen: eine kleine Schraube fiel von der Kiste, in der sie sich befand, und sie konnte sich durch die kleine Öffnung zwängen. Als sie heraussprang, erschrak sie über den Geruch, der ihr entgegenkam. Es roch nach Blut, und sie hörte, was sich anfühlte wie das Schreien von Millionen von Hühnern, einen maschinellen Schlagton und LKW-Motoren. Sie blickte zurück und sah, wie ihr Lastwagen mit ihrer Familie und ihren Freunden zu diesem grossen Gebäude mit der Aufschrift Micarna fuhr.

Auf der anderen Seite des Gebäudes waren die Lastwagen voll. Und im Gegensatz zu den Lastwagen mit den Hühnern waren diese an der Seite nicht offen. Aber sie hatten Bilder auf der Seite des Lastwagens von glücklichen Hühnern auf grünen Feldern, die sie nicht wirklich erkannte. Sie fragte sich: Warum war ich nie dort, auf diesem Feld, was habe ich getan, um das nicht verdient zu haben? Miss Chicken erinnerte sich daran, dass es eine Organisation gab, die ihr vielleicht helfen konnte, mehr über die Wahrheit hinter dem Sinn ihres des Lebens herauszufinden. Und so begann die Zusammenarbeit zwischen Miss Chicken und Greenpeace Schweiz.

Mega-Schlachthaus-Projekt in St. Aubin, Kt. Fribourg

Auf dem Wimmelbild ist das Projekt rund um Micarnas Mega-Hühner-Schlachthaus von Micarnain St. Aubin, Kanton Freiburg, zu sehen. Am 15. Mai 2022 haben nur rund 30% der Stimmberechtigten im Kanton Fribourg abgestimmt. Diese Stimmberechtigten haben sich für den Verkauf und die finanzielle Unterstützung ( 43 Millionen Franken aus dem Fonds für aktive Bodenpolitik) durch den Kanton an die kantonale Anstalt für die aktive Bodenpolitik (KAAB), eine selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt, die eine gewisse finanzielle Freiheit geniesst, ausgesprochen.

Versprochen wurde im Abstimmungstext, dass das Gelände von AgriCo (ehemals Elanco) zu einem der führenden Agro-Food- & Biomasse-Campus in der Schweiz werden soll, der Synergien unter Berücksichtigung des reichen Kulturerbes und der Natur des Ortes nutzt. Bis 2034 würden auf dem Gelände mehrere hundert Arbeitsplätze entstehen. Ziel ist es, dort einen Industriestandort ohne motorisierten Individualverkehr in seinem Zentrum zu schaffen.

Dies hört sich alles sehr vielversprechend an, aber wenn man einen genaueren Blick auf das Projekt wirft, merkt man schnell, wie viele Informationen in dieser Abstimmung verheimlicht wurden. Das im Zentrum dieses Mega-Projekts ein Masthühner-Schlachthaus von Micarna stehen wird, ist nur in einem kleinen Artikel in Klammern vermerkt. Auch fällt auf, dass die Medien in der Westschweiz vor allem von AgriCo sprechen und Micarna sozusagen nie erwähnen.

Das Micarna auch schon am jetzigen Standort in Courtepin immer wieder Probleme mit der Bevölkerung hat, wegen Geruchsemissionen, schlechten Arbeitsbedingungen und anderen Umweltbelastungen, wird bisher nie wirklich in Zusammenhang mit dem neuen Projekt gebracht.

Das Projekt AgriCo rühmt sich damit, auch erneuerbare Energien und ein Forschungszentrum zu eröffnen. Jedoch fehlt es an Transparenz, wie diese beiden Projekte von den Aktivitäten von Micarnaabhängig werden. Es ist davon auszugehen, dass gerade die Biogas-Anlage grösstenteils von Schlachtabfällen betrieben werden wird, was sicherlich nicht dem Verständnis von erneuerbaren Energien entspricht. Auch das Forschungszentrum, welches sich mit Hühnerfedern auseinandersetzen will, scheint das Potenzial für Forschung zu standortangepasster Landwirtschaft oder neuen Techniken zur Ernährung der lokalen Bevölkerung mit Agroforst oder Permakultur, komplett verpasst zu haben.

Des Weiteren rühmt sich das Projekt, dass es keinen motorisierten Individualverkehr im Zentrum haben wird. Es ist aber bereits bekannt, dass man mit einem Verkehr von täglich bis zu 2500 Fahrzeugen rechnet, was den Verkehr in der Region immens steigern wird. Darum hat der Kanton auch eine Vereinbarung getroffen, dass er die Verantwortung für die Strasse übernehmen wird, welcher vom gegenüberliegenden Dorf, Domdidier, aus kommen soll. Damit St. Aubin vor dem Verkehrsaufkommen geschützt wird, sollten bis zur Dorfgrenze auch Velowege eingezeichnet, Sträucher gepflanzt und ein Tempolimit 30km/h eingeführt werden, um die Durchfahrt für die Laster mit den Masthühnern unattraktiv zu gestalten. 

Das im Zentrum von AgriCo bereits heute keine Autos fahren, zeigt nur, dass das Versprechen sich besser anhört als das es effektiv etwas am heutigen Zustand ändert. Viel mehr wird noch ein 60 Meter hoher Turm, der als Parkhaus fungieren soll, zusätzlich gebaut. Auch die Wasserversorgung stellt grosse Fragezeichen dar. Einerseits ist die ganze Region sehr stark von einer Grundwasserkontamination aufgrund von zu hohen Chlorothalonil-Metaboliten geprägt. Darum scheint es eine neue Vereinbarung für eine Wasseraufbereitungsanlage für die Region zu geben, welche aber erst in einem zweiten Schritt, also nach dem Bau der Wasseraufbereitungsanlage für Micarna, umgesetzt wird. Fragwürdig bleibt, wie gross die Abhängigkeit einer solchen Investition von der Zusammenarbeit mit Micarna ist.

Klar bleibt, dass auch wenn es Arbeitsplätze schafft, die Art der Arbeitsplätze für viele Bewohner:innen in der Region nicht besonders attraktiv ist und das Projekt vor allem Micarna dient, auf Kosten der lokalen  Bevölkerung und deren Umwelt.

Was hat die Hühnermast mit der globalen Krise zu tun?

Wie du bereits lesen konntest, hängt die Futtermittel-Produktion im Ausland sehr stark mit dem Konsum von Tierprodukten in der Schweiz zusammen. Gerade Hühner und Schweine, aber auch Milchkühe und Rinder sind von Futtermittelimporten abhängig. Insbesondere die protein- und energiereichen Futtermittel, welche hochgezüchtete Rinderrassen, aber auch Hühner und Schweine brauchen, kommen v.a. aus Brasilien, aber auch Russland und zu geringerem Anteil einigen anderen Ländern in Europa.

Das man mit dem Konsum von schweizerischen Tierprodukten trotzdem mitverantwortlich ist für die Zerstörung von Naturgebieten und die Verdrängung und Verfolgung von indigenen Völkern, wird einem in der Werbung für Schweizer Produkten nicht erzählt. Gerade darum hatte Miss Chicken entschieden, zusammen mit Alexandra Gavilano, der Projektleiterin für ein nachhaltiges Ernährungssystem Schweiz, beim Protest gegen ein 225 Meter langes Schiff dabei zu sein, welches 60’000 Tonnen Soja von Brasilien nach Europa transportierte. Dieses Monster-Schiff spiegelt unseren Überkonsum von Fleisch, Milchprodukten und Eiern und die damit zusammenhängende Umweltzerstörung.

Wer ist Miss Chicken und was hat sie mit dir zu tun?

Initiative gegen Massentierhaltung

Greenpeace setzt sich auch für die Initiative gegen Massentierhaltung ein. Ein nachhaltiges Ernährungssystem kann nur erreicht werden, wenn die Produktion von Tierproduktion und deren Konsum stark abnimmt. Die Initiative berücksichtigt die notwendige Übergangszeit von 25 Jahren bis zu deren Implementation (Zusatz im Initiativtext). Dank dieser Grundlage können die bäuerlichen Kräfte bei einem Ja die Politik dazu auffordern, entsprechende Unterstützung für die Transformation bereit zu stellen. Im Artikel 4 hält die Initiative des Weiteren fest, dass auch Importprodukte entsprechend gleich produziert werden müssen.

Diese Initiative ermöglicht es, einen fairen und nachhaltigen Wandel zu erreichen, darum brauchen wir am 25. September 2022 dringend ein JA an der Urne. Für die Zukunft der Schweizerischen Landwirtschaft und für die Zukunft aller Lebewesen auf dem Planeten.

Wie die Reise von Miss Chicken weitergeht, erfährst du laufend auf unser Website und Social-Media-Kanälen. #MissChickenGP