Im Januar 2022 feierte Jair Bolsonaro dreijähriges Amtsjubiläum als Präsident von Brasilien. Doch für das Klima und die Biodiversität Brasiliens gibt es wenig Grund zu feiern. Greenpeace zog in einem Report Bilanz über die Politik des Präsidenten. Das Ergebnis erschreckt: 75,6 Prozent mehr Abholzung, 10 Prozent mehr Treibhausgas-Emissionen, 1500 neu zugelassene Pestizide, fast 40 Prozent mehr Landkonflikte.
Mit Bolsonaros Amtsantritt beginnt eine Abwärtsspirale einer umwelt- und menschenfeindlichen Politik. Seit 2019 sind die Treibhausgasemissionen in Brasilien um 10 Prozent gestiegen. So wurden 2020 2,16 Milliarden Tonnen Emissionen freigesetzt, eine Zunahme von 190 Millionen Tonnen innerhalb eines Jahres. Das entspricht ungefähr dem Treibhausgasausstoss von Griechenland über drei Jahre.
“Dieser Anstieg kann vor allem durch die steigende Waldzerstörung – nicht nur des Amazonas – erklärt werden”, kommentiert Thais Bannwart von Greenpeace Brasilien. “Nach Angaben des brasilianischen Nationalen Instituts für Weltraumforschung wurde allein zwischen August 2020 und Juli 2021 eine Fläche von 13.235 km² abgeholzt. Das sind 75,6 Prozent mehr innerhalb eines Jahres.”
Immer häufiger ausbrechende Brände beschleunigen die teils illegale Rodung der Wälder in Brasilien. Für 98 Prozent dieser Brände sind Menschen verantwortlich und das grösstenteils illegal und ungestraft.
Um noch mehr Fläche für den Anbau von Agrarrohstoffen in Monokulturen und die Viehzucht umzunutzen, greift die Politik von Bolsonaro nicht nur auf Brände und Rodung zurück. Indigene Gemeinden werden bedroht und vertrieben. Es kommt sogar zu Ermordungen, um ihre Territorien für landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen.
Korruption und Menschenfeindlichkeit nehmen in Brasilien drastische Ausmasse an
Allein im Jahr 2020 wurden 1’576 Landkonflikte registriert, ein neuer und trauriger Höchststand seit 1985. Davon betrafen 41,6 Prozent der Konflikte indigene Gemeinschaften. Durch Landkonflikte kamen 2020 in Brasilien 18 Menschen ums Leben, sieben der ermordeten Personen waren Indigene. Zusätzlich wurden 35 Personen Opfer eines Mordversuchs – davon 12 Indigene, 159 Personen wurden mit dem Tod bedroht – davon 25 Indigene. Die Anzahl der indigenen Opfer ist vergleichsweise sehr hoch: sie machen 0,4 Prozent der brasilianischen Bevölkerung aus.
Den Boden für die Gewalt gegen Indigene und Aktivist:innen bereitet die Regierung: So bezeichnet Bolsonaro Nichtregierungsorganisationen (NGOs) als “Krebsgeschwür” und verkündet, dass ihre Stimme, die Stimme der Zivilgesellschaft, für ihn keinerlei Bedeutung habe. 2019 beschuldigte er NGOs, die Feuer im Amazonas selbst gelegt zu haben.
Auch unter Regierungsmitgliedern sind Korruption und Umweltverbrechen bereits Tatbestand. Der von Bolsonaro ernannte Umweltminister, Ricardo Salles, musste 2021 nach Vorwürfen, in illegale Holzeinschläge involviert zu sein, zurücktreten. Der Oberste Gerichtshof Brasiliens ermittelt weiterhin.
Hilf uns mit einer Patenschaft wertvolle Ökosysteme wie den Amazonas zu schützen. Als Greenpeace-Mitglied kannst du die Patenschaft bereits mit einem Jahresbeitrag von CHF 150 abschliessen.
Bolsonaro entzieht Umweltbehörden Gelder und Personal
Auch die Umweltbehörden schwächt die Regierung seit Bolsonaros Amtsantritt strategisch. Sie verloren in diesem Zeitraum zehn Prozent ihrer Mitarbeiter:innen. In einigen Fällen wurden sogar Mitarbeiter:innen versetzt, weil sie Umweltvorschriften umgesetzt haben.
Zusätzlich kürzte die Bolsonaro-Regierung die Gelder der Behörden drastisch. Das Budget des Brasilianischen Instituts für Umwelt und erneuerbare natürliche Ressourcen (IBAMA) ist zwischen 2019 und 2020 um 30,4 Prozent gesunken, das Budget des Chico-Mendes-Institut für die Erhaltung der Biodiversität (ICMBio) im gleichen Zeitraum um 32,7 Prozent. Für 2021 beläuft sich der Gesamthaushalt des Umweltministeriums auf den niedrigsten Stand seit 2010.
Es überrascht nicht, dass auch die Bussgelder für Verstösse gegen geltendes Umweltrecht auf einem historischen Tiefstand sind und die Behörden Beschwerden indigener Völker über Landraub und Waldzerstörung systematisch ignorieren.
Weitreichende Gefährdung der Biodiversität
Seit Bolsonaros Amtsantritt wurden etwa 1500 neue Pestizide zugelassen. Das ist ein neuer Rekordwert. Viele der in Brasilien erlaubten und verwendeten Pestizide enthalten Wirkstoffe, die anderen Teilen der Welt nicht zuglassen und für die menschliche Gesundheit und die Umwelt gefährlich sind. So ist das in der Schweiz aufgrund seiner gefährlichen Wirkung für das Grundwasser seit 10 Jahren verbotene Herbizid Atrazin immer noch in mehr als 70 kommerziellen Produkten in Brasilien zu finden. Mit dem kurz vor einer Ratifizierung stehendem EU-Mercosur-Handelsabkommen drohen diese Wirkstoffe zunehmend auch auf unserem Teller zu landen. Bereits heute können sie in importiertem Obst aus Brasilien nachgewiesen werden.
Scheinpläne statt wirksamer Massnahmen gegen Waldzerstörung
Auch weiterhin werden Menschen und Umwelt unter den Machenschaften von Bolsonaro zu leiden haben. Während er zu Beginn seiner Amtszeit den Action Plan for Prevention and Control of Deforestation in the Legal Amazon (PPCDAm) stoppte, veröffentlichte die Bolsonaro-Regierung im April 2021 ihren “Amazonasplan 2021/2022”. Doch, statt die Entwaldung zu stoppen, wurde per Erlass 16 Prozent mehr intakte Regenwaldfläche für die Abholzung freigegeben, als noch vor seinem Amtsantritt erlaubt war.