Nicht einmal ein Fünftel der europäischen Unternehmen hat bislang Klimaziele, die mit dem Pariser Abkommen vereinbar sind und damit die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen. Der Nachholbedarf vieler Firmen ist also gross. Wir müssen aber nicht darauf warten, bis das Management endlich vorwärts macht. Wer Aktionär:in eines Unternehmens ist, kann diesem Beine machen. Das sollten insbesondere Pensionskassen machen. Sie investieren unsere VORSORGE-Gelder – und sollten diese Gelder dementsprechend für eine klimafreundliche Welt einsetzen.
Worüber sich viel zu wenig Menschen bewusst sind: Anleger:innen erhalten durch den Kauf einer Aktie nicht nur das Recht auf einen Teil des Gewinns eines Unternehmens (Dividende), sondern auch ein Mitwirkungsrecht. Im Allgemeinen ist mit jeder Aktie auch ein Stimmrecht verbunden. Dieses kann an der jährlichen Generalversammlung des Unternehmens ausgeübt werden.
So sind an der Generalversammlung von Schweizer Unternehmen einige Traktanden Pflicht und entsprechend im Obligationenrecht gesetzlich geregelt. Dazu gehören unter anderem Änderungen der Statuten, die Wahl des Verwaltungsrates sowie die Genehmigung der Jahresrechnung und die Verwendung der Dividende. Daneben haben Aktionär:innen aber auch das Recht, eigenen Anträge einzubringen und zur Abstimmung vorzuschlagen.
Solche Aktionärsanträge (Shareholder Resolution) können die Strategie und das Verhalten eines Unternehmens beeinflussen. Aus Sicht von Greenpeace sind insbesondere Anträge zur Umweltverantwortung des Unternehmens relevant. Damit können Aktionär:innen beispielsweise die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts, die Reduktion von Treibhausgasen oder aber auch die Änderung von klimaschädlichen Geschäftspraktiken einfordern.
Investor:innen der Credit Suisse fordern mehr Klimaschutzmassnahmen
Letzteres ist nun bei der Credit Suisse geschehen: Elf institutionelle Anleger:innen, die rund 2’200 Milliarden Euro verwalten, haben diese Woche bei der Credit Suisse eine Klimaresolution eingereicht: Sie fordern von der Grossbank mehr Klimaschutzmassnahmen.
Die Aktionärskoalition beantragt konkret eine Änderung der Statuten der Bank und fordert, dass die Credit Suisse die Berichterstattung zu ihren Klimarisiken verbessert, ihre Strategie bezüglich der Finanzierung von Geschäftstätigkeiten im Kohle-, Erdöl- und Erdgassektor mit der Corporate Governance in diesem Sektor in Einklang bringt und kurz- und langfristige Ziele zur Verringerung ihres Engagements in Kohle, Erdöl und -gas veröffentlicht, dabei müssen diese Ziele mit einer globalen Erderwärmung von maximal 1,5 Grad vereinbar sein.
Die Aktionärsresolution wurde von der britischen NGO ShareAction und Ethos, der Schweizerischen Stiftung für nachhaltige Entwicklung, koordiniert. Sollte die Resolution zur Abstimmung kommen, wäre dies die erste Klimaresolution, die bei einem Schweizer Unternehmen zur Abstimmung kommt.
Greenpeace Schweiz begrüsst diese Aktionärsresolution. Trotz grossspuriger Bekenntnisse zum Klimaschutz ist die Credit Suisse mit ihren Finanzierungen und Dienstleistungen für Unternehmen im fossilen Energiesektor weltweit für enorme CO2-Emissionen verantwortlich. So zeigen zum Beispiel die aktuellsten Zahlen der «Global Coal Exit List», dass die Grossbank immer noch zu den grössten europäischen Kreditgeberinnen der Kohleindustrie zählt. Damit wird die Klimakrise befeuert.
Pensionskassen sind in der Pflicht
Die Aktionärsresolution wird an der Generalversammlung der Credit Suisse vom 29. April 2022 zur Abstimmung gelangen und alle Aktionär:innen der Bank erhalten die Möglichkeit, mit ihrer Ja-Stimme die Resolution und damit die Forderungen zu unterstützen. Je deutlicher die Zustimmung ist, desto stärker ist das Signal an den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung, ihre Strategie zu ändern und die klimaschädlichen Aktivitäten sofort zu beenden.
Wir fordern daher ganz konkret auch von allen Schweizer Pensionskassen, die Aktien der Grossbank halten, ihr Stimmrecht an der Generalversammlung im April auszuüben und diesen spezifischen Klimaantrag der Aktionärskoalition zu unterstützen. Mit der Ausübung ihres Stimmrechts (= Voting) haben es die Vorsorgeeinrichtungen in der Hand, die Credit Suisse zu mehr Klimaschutz zu bewegen.
Schweizer Pensionskassen verwalten zwischen 950 und 1’000 Milliarden Franken von Arbeitnehmer:innen. Leider investieren sie das Geld immer noch mehrheitlich in Unternehmen und wirtschaftliche Aktivitäten, die dem Klima schaden. Sie zerstören damit unsere Lebensgrundlagen. Doch es sollte ihre Pflicht sein, mit dem Geld der Versicherten die Klimaerwärmung einzudämmen und die Biodiversität zu schützen. Dies gilt insbesondere für jene Pensionskassen, die in ihrer eigenen Klimastrategie beteuern, sich aktiv für eine Verbesserung bei den Unternehmen einsetzen zu wollen. Eine Ablehnung oder eine Stimmrechtsenthaltung bei Anträgen, die den Klimaschutz von Unternehmen verstärken wollen, wäre somit absolut widersprüchlich.