Die Menschen in der Schweiz konsumieren gerne und viel – und produzieren eine entsprechende Menge Abfall. Jährlich fallen pro Person über 700 kg Abfall an. Darunter hat es auch Gegenstände, die repariert werden könnten, wodurch Ressourcen eingespart würden.
Der Wohlstand der Schweiz und der meist hohe Lebensstandard der Menschen, die in der Schweiz wohnen, zeigen sich auch im Konsumverhalten. Mit dem wachsenden Konsum gehen Berge von Abfall einher. Jährlich verursachen wir über 700 kg Abfall pro Person. Damit gehören wir zu den negativen Spitzenreitern in ganz Europa. Wir sind eine Wegwerfgesellschaft geworden.
Unternehmen heizen diese Wegwerfmentalität u.a. mit Tiefpreis-Strategien, sich immer schneller ablösenden Produktgenerationen und wechselnden (Mode-)Trends weiter an. Dieser überbordende Konsum beansprucht enorme Ressourcen: Wir bräuchten rund drei Erden, würden alle Menschen weltweit so viel konsumieren wie wir!
Bewusst und achtsam konsumieren
Aus diesem Grund sind alternative Ansätze dringend notwendig. Brauchen wir tatsächlich alle zwei bis drei Jahre ein neues Handy? Oder die 60 Kleidungsstücke, die wir jährlich neu kaufen (und häufig nur selten oder gar nie tragen), sind sie wirklich nötig? Die Frage «Brauche ich das wirklich?» und der daraus resultierende Nicht-Konsum ist der erste und effektivste Schritt, dem Überkonsum entgegenzuwirken.
Kreislaufwirtschaft: mehr als Recycling
Ein weiterer wichtiger Ansatz, um von der Wegwerfgesellschaft wegzukommen, ist die Kreislaufwirtschaft. In diesem Modell werden Produkte und Materialien möglichst lange im Umlauf gehalten. Dadurch reduzieren sich der Energie- und Rohstoffverbrauch und die Emissionen und Umweltschäden aus Rohstoffgewinnung und Abfallentsorgung.
Wer Kreislaufwirtschaft hört, denkt automatisch an Recycling. Dieses kommt aber erst am Ende des Lebenszyklus eines Produkts zum Zuge. Die Kreislaufwirtschaft setzt schon viel früher an, beim Produktdesign. Ziel ist es, ein möglichst langlebiges und ressourcenschonendes Produkt herzustellen. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Reparierbarkeit der Produkte. Produkte zu reparieren, ist eine zentrale Strategie der Kreislaufwirtschaft und essentiell für den Wandel von der Wegwerfmentalität hin zu einer neuen Wertschätzung der Produkte.
Hast du bereits Erfahrungen mit Reparaturen gemacht? Falls nicht, was hat dich bis anhin gehindert? Wir wollen es wissen!
Technische Hürden, teure Reparaturen und schnelle Trends
Was für frühere Generationen eine Selbstverständlichkeit – ja Notwendigkeit – war, ist heute in der Schweiz nach wie vor eine vergleichsweise kleine Bewegung. Zwar erfreuen sich Repair Cafés an Zuwachs, doch noch stehen verschiedene Hürden dem Reparieren im Weg.
- Gesellschaftliche Fehlanreize wie Trends und Produkte als Statussymbole
- Finanzielle Aspekte: Häufig sind Reparaturen teurer als ein Neukauf. Denn Reparaturen sind häufig komplex und müssen vor Ort gemacht werden, während die Produktion der neuen Produkte in Billiglohnländer ausgelagert worden ist.
- Auch technische Hürden verhindern Reparaturen, wie beispielsweise fehlende Ersatzteile und Spezialwerkzeuge oder eine integrale Bauweise, die das Auseinandernehmen der Produkte verunmöglicht.
Die EU schreitet voran
Solche Hürden sind nicht unüberwindbar. Das machen verschiedene Staaten bereits vor. So subventionieren beispielsweise mehrere EU-Länder Reparaturleistungen. Und in der gesamten EU ist seit März 2021 eine neue Bestimmung in Kraft, welche Hersteller:innen verpflichtet, dass Geräte wie beispielsweise Waschmaschinen, Fernseher und Kühlschränke reparierbar sind. Dies soll erreicht werden, indem u.a. Reparaturanleitungen mitgeliefert werden, Ersatzteile bis zu zehn Jahren nach dem Kauf verfügbar sind und die Reparatur ohne Spezialwerkzeuge möglich ist. Bis Ende 2021 plant die EU-Kommission weitere Vorschriften, welche auch Smartphones umfassen sollen.
In der Schweiz sind wir also deutlich im Hintertreffen. Und dies, obwohl Reparieren nebst den ökologischen Vorteilen auch ökonomische Chancen mit sich bringt. Eine internationale Studie schätzt das Potenzial für Arbeitsplätze im Reparaturbereich deutlich höher als beim Recycling. Und auch gesellschaftlich bietet es Chancen, wenn Reparaturen gefördert werden: Es sichert das vorhandene Wissen und Handwerk in unserer Gesellschaft.