2020 als “besonderes” Jahr zu bezeichnen, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Ab Frühjahr dominiert ein Thema die ganze Welt. Die ganze Klima-Aufbruchstimmung des Vorjahres: weggewischt. Oder doch nicht ganz? Corona hat zwar vieles verändert, aber Klima- und Umweltschutz sind deswegen nicht weniger dringend und wichtig; auch dieses Jahr haben wir uns mit viel Unterstützung von klima- und umweltbewegten Menschen hartnäckig für eine grünere und gerechte Welt engagiert.

#CovidMilliarden4Climate

Ab März befindet sich die Welt im Corona-Schock, reihenweise verordnen Länder einen Lockdown, so auch die Schweiz. Für viele Wirtschaftszweige wird das Virus lebensbedrohlich, also greift der Staat mit milliardenschweren Rettungspaketen ein. Dagegen wäre wenig einzuwenden, wenn diese langfristigen Massnahmen zur Stützung der Schweizer Wirtschaft klimafreundlich gestaltet würden. Mit unserer Petition verlangen über 22’000 Menschen genau das: einen Schweizer Green New Deal! Und da auf der Strasse demonstrieren vorderhand keine gute Idee ist, veranstalteten wir eine grosse Online-Demo mit rund 2’000 Teilnehmer*innen, um die Klimakrise wieder ins Bewusstsein der Menschen zu bringen.

Online-Demo mit rund 2’000 Teilnehmer*innen © Greenpeace / Ex-Press / Severin Nowacki

Affige Geldgier

Die Greenpeace Studie «Klimaschädliche Geschäfte» zeigt, dass unsere Schweizer Grossbanken trotz grossspuriger Bekenntnisse zum Klimaschutz auch vier Jahre nach Abschluss des Übereinkommens von Paris noch Milliardenbeträge ins Geschäft mit fossilen Energien pumpen. Konkrete Ziele oder gar Massnahmenpläne zur Reduktion von Treibhausgasemissionen? Fehlanzeige! Das zeigt: Es braucht auch für den Finanzsektor verbindliche Klimaziele und Regulierungen. Doch die Behörden, welche die Finanzinstitute beaufsichtigen (sollten), greifen nicht ein – sie wollen nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Deshalb reichte Greenpeace eine Aufsichtsbeschwerde ein, denn Freiwilligkeit funktioniert leider nicht.

Bern, 23. September 2020: Einreichung der Aufsichtsbeschwerde

Vom Winde verweht

Eine Greenpeace-Untersuchung deckte auf: Pestizide verbreiten sich stärker via Luft als gedacht. Diese sogenannte Abdrift von teils sehr bedenklichen Substanzen vergiftet die Kulturen der Bio-Bauern und stellt für Landwirt*innen sowie für Anwohner*innen und Natur ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Der Kontakt mit Pestiziden in der Luft ist wie unfreiwilliges Passivrauchen. Mit einer E-Mail-Flut appellierten rund 6’000 Menschen an die zuständigen Ämter, den Pestizideinsatz umgehend besser zu kontrollieren und einzuschränken.

KlimaSeniorinnen ziehen nach Strassburg

Mit ihrer Klimaklage blitzten sie in der Schweiz zwar auf allen drei Ebenen ab, doch die KlimaSeniorinnen lassen sich nicht entmutigen und zogen ihren Fall weiter. Verbunden durch die tiefe Überzeugung, dass die Schweiz mehr tun muss in Sachen Klimaschutz, reisten sie im Herbst mit dem Greenpeace-Schiff Beluga von Basel nach Strassburg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, wo sie ihre Klage gegen die Schweizer Regierung ankündigten. Mit im Gepäck hatten sie breite Unterstützung aus der Bevölkerung in Form einer 400 Meter langen Fahnenkette, die für die Hoffnungen und Wünsche unserer Unterstützer*innen steht. 

Strassburg, 27. Oktober 2020: Die KlimaSeniorinnen geben ihre Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ab © Greenpeace / Emanuel Büchler

Beinahe Weltmeister zum Ersten …

Mit über 700 kg pro Person produziert die Schweiz viel zu viel Abfall. Auf der ganzen Welt liegen nur noch Dänemark, Norwegen, die USA und Neuseeland vor uns. 2020 habt Ihr einen sehr wichtigen Beitrag geleistet, um diesen Abfallberg zu reduzieren: Ihr habt euch von unserem Toolkit inspirieren lassen, Zero-Waste-Poster nach Hause bestellt, beinahe 20’000-mal unsere Petition gegen Einwegmasken unterstützt und uns 1’650 Bilder von draussen weggeworfenen Masken geschickt. Dafür einfach nur: Herzlichen Dank! 

… und zum Zweiten

Als Konsument*innen können wir einiges gegen Plastikmüll tun, doch multinationale Konzerne wie Nestlé spielen eine mindestens ebenso wichtige Rolle. Sie produzieren Unmengen von Einwegplastik und vermüllen damit die Erde. Jedes Jahr am Clean-up-Day identifizieren wir mit dem sogenannten Brand Audit die grössten Verschmutzer dieser Welt. Und siehe da: Nestlé ist zuverlässig in den Top 3 dabei, deshalb haben wir sie auch dieses Jahr in Vevey besucht und einen ganz besonderen Gast mitgebracht: Fünf Aktivist*innen haben ein riesiges Vogelnest vor den Eingang des Hauptsitzes getragen. Darin verwoben: Einwegplastik aus dem Hause Nestlé. Damit fordern wir den multinationalen Konzern dazu auf, die Wegwerfkultur aufzugeben und stattdessen auf Mehrweglösungen zu setzen. Ganz im Sinne der Banner-Botschaft: «Nestlé, hör auf, die Welt mit Plastik zu füttern!»

Vevey, 8. Dezember 2020: Die Skulptur in Form des Nestlé-Logos ist beim Hauptsitz von Nestlé gelandet © Greenpeace / Joël Hunn

Spannung bis zur letzten Minute

Über 5 Jahre nach der Lancierung kam die Konzernverantwortungsinitiative am 29. November vors Volk. Gemeinsam mit über 65 Organisationen, mit der Unterstützung von zahllosen Freiwilligen und Aktivist*innen, von Kirche, von Parlamentarier*innen bis ins bürgerliche Lager haben wir auf diesen Tag hingearbeitet – mit sichtbarem Erfolg: Über 80’000 orange Fahnen haben Häuser landauf, landab geschmückt. In der heissen Phase des Abstimmungskampfes konnten wir mit unserem Hintergrundreport über die Verfehlungen des Baustoffproduzenten LafargeHolcim einen medial viel beachteten Impuls setzen. Der Bericht deckt auf, dass LafargeHolcim weltweit 122 Fälle von Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in 34 Ländern verantwortet. 

Unser Report deckt auf: LafargeHolcim ist für 122 Fälle von Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich

Die Trendumfragen hielten die Spannung bis zum Abstimmungstag hoch. Nur eines war klar: Es wird knapp. Denn die Gegner verstanden es, die Stimmbürger*innen durch gezielte Falschinformationen in die Irre zu führen. Am Abstimmungssonntag kam jedoch die enttäuschende Nachricht: Der Vorstoss ist am Ständemehr gescheitert. Das Volksmehr von 50.7% bestätigt uns jedoch in unserem Einsatz dafür, dass Konzerne dafür gerade stehen müssen, wenn sie Menschenrechte und Umweltstandards verletzen. Der nun in Kraft getretene Gegenvorschlag verwässert die Haftbarkeit der Konzerne und führt lediglich zu einer Flut von Hochglanzbroschüren aus den PR-Abteilungen der Unternehmen.

2021 steht vor der Tür … und wir stehen parat!

Grosskonzerne, nehmt euch in Acht!

Das Abstimmungsergebnis zur Konzernverantwortungsinitiative bedeutet für Greenpeace Schweiz: Wir sind künftig umso mehr gefragt, den Konzernen ganz genau auf die Finger zu schauen und wir wissen, dass eine Mehrheit der Schweizer Stimmbevölkerung hinter uns steht. Herzlichen Dank für diese Unterstützung!

Besser als gar nichts

Wir lieben es zwar nicht, dennoch brauchen wir es dringend: Das neue CO2-Gesetz. Dieses ist mitnichten befriedigend, aber es hilft, die schnellstens notwendigen Schritte einzuleiten. Darum kämpfen wir nächstes Jahr für ein eigentlich schwaches CO2-Gesetz, weil die Lobby der fossilen Energieträger das Referendum ergriffen hat. 

Müeh mit de Chüeh

2021 setzt Greenpeace einen Fokus auf eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Die intensive tierische Produktion in der Schweiz, die nur dank importiertem Futtermittel möglich ist, muss grundlegend geändert werden und die Landwirtschaft muss wieder mit einheimischen Ressourcen produzieren. Es geht darum, unseren Bäuerinnen und Bauern eine klimafreundliche Bewirtschaftung zu ermöglichen. Und wir als Konsument*innen wollen nicht ungefragt Teil des problematischen Förderungssystems der Fleischwirtschaft sein.

Damit die Politik endlich zugunsten von Umwelt und Klima, von Tieren und Menschen handelt, trägt Greenpeace das zweimal JA für die Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative mit.

Lasst Euch umarmen …

… all Ihr Held*innen, die Ihr Euch schon heute für Wiederverwenden statt Wegwerfen einsetzt! Wir werden auch im kommenden Jahr alles geben, damit zum Beispiel Takeaways auf Mehrwegsysteme setzen und die Konsument*innen eine bessere Wahl als Einwegverpackungen haben. Weiterhin schauen wir natürlich auch den  grossen Nahrungsmittelkonzernen genau auf die Finger, damit diese endlich ambitionierte Mehrweg-Strategien anwenden. Wir wollen helfen, dass Schweizer Städte zu innovativen Vorreitern bei Wiederverwendungssystemen werden und wir werden einen erhellenden Blick auf die üblen Absichten der Ölindustrie bezüglich der Plastikherstellung werfen. 

Ohne dich geht es nicht

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