122 Fälle von Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in 34 Ländern, für die der Schweizer Konzern LafargeHolcim verantwortlich ist oder Verantwortung übernehmen müsste. Das ist das Ergebnis von Recherchen von Greenpeace Schweiz. Die Annahme der Konzernverantwortungsinitiative am 29. November ist nötig.
«Die aufgedeckten Fälle sind brisant und die Missachtung grundlegender Standards nicht würdig für einen Schweizer Konzern wie LafargeHolcim. Die gezeigten Staubemissionen sind schlichtweg eine Schweinerei. Tatsächlich muss ich feststellen, dass sich die Standards des Konzerns seit der Fusion von Holcim mit Lafarge leider in vielen Bereichen verschlechtert haben.» Das sagt kein Greenpeace-Campaigner, sondern der ehemalige Holcim-Ingenieur und Zementwerk-Emissionsexperte Josef Waltisberg, der heute als selbständiger Berater für Energie- und Umweltfragen des Zementprozesses tätig ist.
Mit «Schweinerei» sind Skandale gemeint, die trotz Protesten seit Jahren andauern: insgesamt 122 Fälle von Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in 34 Ländern – vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika -, für die der Schweizer Konzern LafargeHolcim verantwortlich ist oder Verantwortung übernehmen müsste. Zumeist werden lokale Gesetze missachtet und internationale Standards nicht eingehalten. Häufig verwenden der Zementhersteller bzw. dessen Tocherfirmen veraltete Technologien, sodass Menschen, Tiere und die Umwelt von schädlichen Emissionen betroffen sind.
Feldrecherchen in drei Ländern
In Kamerun, Indien und Brasilien hat Greenpeace Schweiz vertiefte Feldrecherchen (LINK Report) durchgeführt: Interviews, Probenahmen, weiterführende Abklärungen, Foto- und Videodokumentationen. Obwohl die Recherche durch die COVID-19-Pandemie, starke Regenfälle oder Angst der AnwohnerInnen vor negativen Konsequenzen erschwert wurde, ist das Bild eindeutig.
Beim LafargeHolcim-Werk der Cimencam S.A. im Norden von Kamerun gibt es einen technischen Defekt im Kaminfiltersystem. Dadurch fallen grosse Mengen Staubabfälle an. Diese lässt die LafargeHolcim-Tochter unter anderem auf dem Gebiet eines öffentlichen Wochenmarktes abkippen. Menschen beklagen sich darüber, dass die Stäube bei Wind aufgewirbelt werden, ihre Waren bedecken und teils Reizungen auslösen. Laboranalysen von Greenpeace Schweiz weisen in den Staubabfällen aus dem Zementofen tatsächlich sehr hohe pH-Werte und hochgiftiges, krebserregendes Chrom(VI) nach. Die Vorgänge im LafargeHolcim-Zementwerk widersprechen internationalen Standards.
In Punjab, im Norden von Indien, verfügt die LafargeHolcim-Tochter Ambuja Cement offenbar nicht einmal über eine Bau- und Betriebsbewilligung für ihre Flugaschen-Trocknungsanlage. Sowohl das Trocknen und Mahlen als auch das Transportieren von Flugasche und Klinker führen zu massiven Schadstoff-Emissionen, die jenseits gängiger internationaler Standards liegen und auch im Inneren von Privatwohnungen zu gesundheitlichen Problemen führen. Die indischen Behörden sind offenbar nicht in der Lage, geltendes Recht durchzusetzen und die AnwohnerInnen vor den schädlichen Emissionen zu schützen. Zum Schutz von Mensch und Umwelt braucht es daher zusätzliche Lösungsansätze.
Im LafargeHolcim-Werk in Barroso (Brasilien) gehen die Konflikte auf die 1950er-Jahre zurück, doch auch heute noch kommt es immer wieder zu Störfällen und Schadstoff-Emissionen, welche die Dächer der Stadt mit einer staubigen Schicht bedecken. Sogar die Staatsanwaltschaft beklagt sich darüber, dass LafargeHolcim in Barroso Standards nicht anwendet, welche anderswo in Brasilien gelten. Es gibt starke Indizien für Gesundheitsbeeinträchtigungen epidemischen Ausmasses.
Freiwilligkeit reicht nicht
Matthias Wüthrich, Leiter der Kampagne für Konzernverantwortung bei Greenpeace Schweiz kommentiert: «Nur schon die schiere Anzahl der in diesem Holcim-Report aufgedeckten Skandalfälle ist ein Skandal, denn sie zeugen von einer systematischen Missachtung von Umweltstandards und Menschenrechten. LafargeHolcim muss jetzt umgehend bei ihren Tochterfirmen intervenieren und dafür sorgen, dass die Umweltverschmutzung und Gesundheitsbelastungen ein Ende haben und betroffene Menschen entschädigt werden.» Bezüglich der Versprechungen von LafargeHolcim, überall höchste Standards anzuwenden, sagt Wüthrich: «Der Fall Holcim zeigt exemplarisch, dass wohlklingende Beteuerungen und freiwillige Firmen-Versprechen nicht reichen. Zum Schutz der Umwelt und der betroffenen Menschen braucht es dringend bessere und verbindliche Regeln zur Unternehmensverantwortung und Schadenshaftung von global operierenden Konzernen.»
Für Greenpeace Schweiz ist klar: Die Konzernverantwortungsinitiative, über die der Schweizer Souverän am 29. November abstimmt, verlangt eine Selbstverständlichkeit: Wer die Umwelt verschmutzt, muss wieder sauber machen. Wer anderen einen Schaden zufügt, muss dafür geradestehen.
Die Stimmunterlagen für die Konzernverantwortungsinititive sind bereits eingetroffen. Und Umfragen zeigen: Die Abstimmung wird enorm knapp. Stimme deshalb jetzt JA zur Konzernverantwortungsinitiative und mobilisiere auch deine Familie, alle deine Bekannten und Freunde über digitale Kanäle!
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122 Fälle von Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in 34 Ländern, für die der Schweizer Konzern LafargeHolcim verantwortlich ist oder Verantwortung übernehmen müsste. Das ist das Ergebnis von Recherchen von Greenpeace Schweiz.