In sechs Schweizer Städten sammeln Greenpeace-Freiwillige heute Abfall. Aber aufräumen alleine reicht ihnen nicht: Sie wollen so die grössten Plastikverschmutzer der Welt aufzeigen. Und stossen dabei auf allerlei skurrile Fundstücke.
Das Klacken der Skateboards unter der Brücke erfüllt die Luft, nebenan spielen junge Männer Volleyball. Ganz ins Spiel vertieft nehmen sie die Menschentraube neben dem Feld kaum wahr. Einunddreissig Freiwillige treffen sich morgens am Zürcher Limmatufer, so wie sich heute auf der ganzen Welt Menschen zum World Cleanup Day versammeln. Aber Aufräumen alleine ist Greenpeace zu wenig. Die Freiwilligen mit den grünen Shirts wollen die grössten Plastikverschmutzer des Planeten aufzeigen.
Wie sie das anstellen? Anhand des Abfalls. Greenpeace sammelt ihn nicht nur, sondern ordnet ihn auch Marken zu. Beim letzten «Brand Audit», so heisst diese Abfall-Auswertung, hat Nestlé Platz Zwei der grössten Plastikverschmutzer weltweit belegt. Heute sind Freiwillige in Zürich, Bern, Bellinzona und in den westschweizer Städten Genf, Fribourg sowie dem Nestlé-Hauptsitz Vevey am Fötzeln. Ob’s der Schweizer Konzern wohl wieder unter die Top Drei schafft?
50.5 Kilo Littering
So sauber wie das Flussufer auf den ersten Blick aussieht – kaum sind die Freiwilligen ausgeschwärmt, füllen sich ihre Abfallsäcke. Hier wird gerne gefeiert: Diverse Bierdosen, Wein- und Plastikflaschen wurden achtlos weggeworfen. Make-Up-Puder und sogar eine Boxershorts. Und Zigis, Zigis, Zigis.
«Als ehemalige Raucherin kenne ich das: Als Teenager schnippt man die Zigaretten einfach weg und weiss gar nicht, was das anstellt», sagt die 35-jährige Corina. «Ich habe seit Anfang Jahr immer Handschuhe und einen Plastiksack dabei. Manchmal räume ich spontan Abfall weg, wenn ich unterwegs bin», sagt sie und puhlt Bierdeckel aus der Erde. «Denn heute weiss ich, wie lange Abfall in der Natur bleibt. Ganze 500 Jahre im Fall von PET!»
Die neun Kinder machen aus dem Cleanup ein Spiel. Sie rufen aufgeregt, was sie entdeckt haben und zeigen einander die lustigsten Fundstücke. Ein Fussball, ein verrosteter Hammer, Socken, ein kaputter Spiegel. Ihr Eifer steckt an, nach nur einer Stunde sind Säcke mit 50.5 Kilo Müll gefüllt. «Wäääääk» schreien die Kinder laut und die Erwachsenen stimmen ein, als sie die Abfallsäcke ausleeren.
«Es ist heftig»
«Einweg ist kein Weg» steht auf einem Schild, das die 30-jährige Lydia über dem Abfallhaufen in die Höhe hält. Mit Schildern wie diesem dokumentieren die Freiwilligen die Aktion auf Fotos, bevor sie sich ans Sortieren machen. Lydia ist zum ersten Mal bei einem Cleanup dabei, sie hat direkt am Wasser aufgeräumt. «Es ist heftig: Jenste stopfen Abfall in die Ritzen des Holzstegs, dabei stehen ringsum Mülleimer», sagt sie. «Im blödsten Fall fällt der Güsel von dort ins Wasser und zersetzt sich über Jahrhunderte in Mikroplastik.»
Lydia ist jetzt wie die übrigen Freiwilligen über den ausgebreiteten Müll gebeugt und fischt einzelne Gegenstände heraus, um sie nach Materialien anzuhäufen. Besonders viel zählen sie Getränkeabfall: 110 Aludosen, 110 Glasflaschen und 47 Petflaschen. Auch Corona hinterlässt mit sieben Masken Spuren. Mittags ist es so weit, der grösste Plastikverschmutzer der Limmat steht fest: Coca-Cola. Die PET-Flaschen sorgen auch weltweit für den meisten Kunststoffabfall, wie der letzte Brand Audit ergab.
Der grosse Abfallhaufen versetzt nicht nur die Freiwilligen in Staunen. Auch die Voleyballspieler schielen immer wieder neugiereig hinüber. Und für noch grössere Aufmerksamkeit wird der Report sorgen: Die Ergebnisse der Plastikabfälle aus der Schweiz und zig anderer Länder erscheinen im Dezember im grossen Brand Audit Report. Der Bericht zeigt die weltweit schlimmsten Plastikabfall-Verursacher auf, damit sie den Irrsinn namens Einwegprodukte endlich durch Mehrwegprodukte ersetzen.
Willst auch du diesem Irrsinn entgegenwirken? Klicke auf die Petition, um die weltweite Plastikverschmutzung zu verkleinern.