Ob Norden oder Süden – auf der Welt lodern erneut grossflächig Waldbrände, die nicht oder nicht ausreichend bekämpft werden. Zum Beispiel in Brasilien und Russland.
2019 erschrak die internationale Gemeinschaft über grossflächige Waldbrände weltweit, und dieses Jahr kann es noch schlimmer kommen. In Ländern wie Russland und Brasilien stehen bereits wieder riesige Gebiete in Flammen. Das Amazonasbecken verzeichnet hierbei ein trauriges Hoch: 2248 über Satellit identifizierte sogenannte Feuer-Hotspots, die höchste Zahl im Vergleich zum selben Monat seit 2007. Im Juni 2019 waren es 1880 Hotspots, das bedeutet eine Steigerung um fast 20 Prozent.
Amazonasbecken brennt wie lange nicht
Mit dem Beginn der Trockenzeit ist damit das Bild in der Amazonasregion in vielerlei Hinsicht noch katastrophaler als 2019. «Diese Brände sind kein Unfall», sagt Rômulo Batista, der sich bei Greenpeace Brasilien für Amazonien einsetzt. «Brasiliens Präsident, Jair Bolsonaro, hat die Landwirtschaft ermutigt, das Amazonasgebiet weiter auszubeuten. Während der Covid-19-Pandemie hat die Abholzung der Wälder stark zugenommen. Brände werden absichtlich gelegt, um Land, insbesondere für die industrielle Landwirtschaft, zu roden.»
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben kürzlich ihre bisher schärfste Warnung ausgesprochen, dass sich der Amazonas dem Kipppunkt nähert, ab dem er grossflächig versteppen würde. Dies würde Millionen wildlebender Tierarten auslöschen – zahlreiche davon bisher noch unentdeckt. Zudem würde es die Existenz indigener Gruppen bedrohen, die bereits mit vielen Problemen kämpfen, darunter jetzt auch Covid-19.
Greenpeace fordert daher von der Europäischen Kommission noch in diesem Jahr einen Gesetzesvorschlag für waldzerstörungsfreie Lieferketten. Es muss sichergestellt werden, dass Produkte wie Soja, Rindfleisch, Palmöl und Kakao nur dann auf die europäischen Märkte gelangen können, wenn in der Herstellung Menschen und Umwelt geachtet werden. Was aktuell in Brasilien geschieht, ist ein deutliches Signal dafür, wie wichtig eine gesetzliche Verpflichtung ist. Gleichermassen fordert Greenpeace, dass der Abschluss des Mercosur-Handelsabkommen gestoppt wird. Der Deal würde Zölle auf die Produkte senken, für die in Brasilien grossflächig der Regenwald zerstört wird.
Der Link zum Schweizer Fleisch
Zusammen mit Extinction Rebellion, Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Incomindios, Climatestrike Switzerland und Landwirtschaft mit Zukunft haben wir im Juni die Petition «Stopp dem Import von umweltzerstörendem Futtermittel und Fleisch» mit 33’287 Unterschriften in Bern eingereicht. Diese richtet sich an Bundesrat und Parlament, denn im Artikel 104a der Bundesverfassung ist beschrieben, dass grenzüberschreitende Handelsbeziehungen zur «nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft» beizutragen haben. Durch skandalöse Entwaldung und Zerstörung von Ökosystemen produziertes Fleisch oder Futtermittel – das ist nicht nachhaltig. Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen müssen mit klaren Mindeststandards in den Handelsbeziehungen verhindert werden. Entsetzlicherweise droht uns mit dem Abschluss des Mercosur Freihandelsabkommen ein riesiger Schritt in die falsche Richtung!
Schlechte Nachrichten auch aus Sibirien
Brasilien ist nicht das einzige Land, in dem die verheerenden Brände von 2019 sogar noch getoppt werden könnten. Auch aus Russland, wo es 2019 ebenfalls heftig brannte, gibt es erneut schlechte Nachrichten: Die sommerliche Trockensaison begann auch hier mit starker Zunahme der von Waldbränden betroffenen Gebiete. Hauptsächlich wüten die Brände in Kiefern- und Lärchenwäldern, in denen Tiere wie Bären, Wölfe und Luchse ihre Heimat haben. Die Gesamtfläche erreicht derzeit 3,2 Millionen Hektar, das entspricht der Grösse von Slowenien. In der Mehrzahl sind Wälder im entlegenen östlichen Russland und in Sibirien betroffen. Auslöser für die Brände ist eine Hitzewelle in Kombination mit Trockenheit, wodurch sich die Vegetation leichter entflammt. Am 20. Juni wurden in der sibirischen Stadt Werchowjansk, eigentlich eine der kältesten Städte der Erde, 37 Grad Celsius gemessen und damit sämtliche Hitzerekorde gebrochen.
Die abgelegenen Gebiete sind schwer zu erreichen und die meisten Brände werden gar nicht erst bekämpft – mit der Begründung, dass der Eingriff sehr aufwändig und teuer wäre. Greenpeace und andere Organisationen sind in Russland zwar aktiv, um Brände zu verhindern und zu bekämpfen. Aber dort, wo Menschen und Ausrüstung meist per Flugzeug angeliefert werden müssen, können die fehlenden staatlichen Stellen nicht ersetzt werden.