Die weltweite Entwaldung ist im März um sage und schreibe 150 Prozent höher ausgefallen als in den Vergleichsmonaten der Jahre 2017 bis 2019. Mich schockierte diese Information tief. Die Rede ist von Tropenwald, von seltenen und fragilen Ökosystemen, einer einzigartiger Flora und Fauna und vom Lebensraum indigener Völker.
Man fragt sich: Wie kann das sein? Nun, die Corona-Krise liefert die Rahmenbedingungen, um unkontrolliert Raubbau zu betreiben. Dabei trifft es nicht nur Regenwälder, sondern auch andere wichtige Ökosysteme, wie beispielsweise den Cerrado in Brasilien, die artenreichste Savanne der Welt. Der Haupttreiber für die Abholzung ist der Hunger nach Fleisch, der Anbau von grossflächigen Futtermittel-Monokulturen und Weideflächen. Die verantwortlichen Konzerne liefern ihre Ware in die weite Welt hinaus. Auch in die Schweiz.
Das Anliegen der heute in Bern eingereichten Petition «Stopp dem Import von umweltzerstörendem Futtermittel und Fleisch» ist also höchst aktuell. 33’287 Unterschriften haben wir von Greenpeace Schweiz zusammen mit Extinction Rebellion, Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Incomindios, Climatestrike Switzerland und Landwirtschaft mit Zukunft gesammelt.
Nachfrage bestimmt den Markt
Vielen mögen die Amazonas-Waldbrände und die Reportagen zur Bedrohung der indigenen Bevölkerung und der Wildtiere vom letzten Jahr noch präsent sein. Bei der Wahl des nächsten Menüs scheint das oftmals wieder vergessen gegangen zu sein. Die Welt verlangt nach Fleisch und dadurch auch nach Futtermittel für die Nutztiere. Oder wie ich letzthin so schön gelesen habe: Fleischhunger gleich Flächenhunger. Die Produktion einer pflanzlichen Kalorie braucht bis zu 10-mal weniger Land und rund 5-mal weniger Wasser als die Produktion einer tierischen Kalorie.
Heute startet die «World Meat Free Week» welche jährlich im Juni stattfindet. Meinst du, du kann diese Woche auf Fleisch verzichten?
Politische Voraussetzungen
Die eingereichte Petition richtet sich an Bundesrat und Parlament, denn im Artikel 104a der Bundesverfassung ist beschrieben, dass grenzüberschreitende Handelsbeziehungen zur «nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft» beizutragen haben. Durch skandalöse Entwaldung und Zerstörung von Ökosystemen produziertes Fleisch oder Futtermittel – das ist nicht nachhaltig. Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen müssen mit klaren Mindeststandards in den Handelsbeziehungen verhindert werden. Entsetzlicherweise droht uns mit dem Abschluss des Mercosur Freihandelsabkommen ein riesiger Schritt in die falsche Richtung!
Trugbild Schweizer Landwirtschaft
Die Schweizer Landwirtschaft ist nicht imstande die Nutztiere, die sie hält mit eigenen Ressourcen zu ernähren. Sie braucht grosse Unterstützung aus dem Ausland: Die Schweiz hat im Jahresdurchschnitt mehr als die Hälfte des Kraftfutters importiert. Tatsache ist, dass sich die Nahrungsmittelproduktion in der Schweiz schon lange von ihrem positiven Image entfernt hat: Auf maximale Produktion ausgerichtete Methoden verdrängen die Natur, gefährden Böden, verunreinigen die Luft und verschmutzen Gewässer.
Eine ökologische und tiergerechte Produktion würde unter anderem voraussetzen, dass die Tierbestände deutlich heruntergefahren werden. Dies würde wiederum fruchtbare Böden fördern und Luft, Wasser und Klima entlasten.
Gemeinsamer Willen finden
Unsere Expertin für Klima und Landwirtschaft, Alexandra Gavilano, bringt es wie folgt auf den Punkt: «Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen Essen auf unseren Tellern, der Entwaldung und somit auch Menschenrechtsverletzungen. Indem wir die Menge an tierischen Produkten in unserer Ernährung reduzieren, können wir sicherstellen, dass unser Lebensmittelkonsum keine ökologischen und menschlichen Tragödien in anderen Ländern verursacht. Dazu braucht es einerseits den Willen der Bevölkerung, andererseits aber auch den Willen der Politik und der Agrarindustrie, wirksame und effektive Massnahmen zu Gunsten einer nachhaltigen lokalen Landwirtschaft zu definieren.»
E-Talk am 18. Juni 2020
Noch mehr in die Thematik eintauchen und über die Zusammenhänge erfahren, kannst du mit der Teilnahme am E-Talk, welcher anlässlich der «World Meat Free Week» stattfindet. Aus erster Hand erfährst du von Oliver Salge von Greenpeace Brasilien was die Entwaldung im Amazonas für Auswirkungen hat. Ebenfalls mit dabei ist Franziska Herren, der Kopf hinter der Initiative für sauberes Trinkwasser.