Die Waldzerstörung in Brasilien nimmt unter Bolsonaro immer bedrohlichere Ausmasse an. Eine Greenpeace-Fallstudie zeigt, wie Rinderfarmen illegal gerodete Schutzgebiete nutzen.
Der Hyazinth-Ara ist die längenmässig grösste Papageienart der Welt. Einen Meter lang werden die beeindruckenden Tiere, und bis zu 90 Jahre alt. Ihr leuchtendes Blau erfreut auch Menschen, die mit Ornithologie wenig anfangen können – wie gefährdet sie sind, ist leider weniger erfreulich. Und ihr Bestand nimmt weiter ab. Aktuell gibt es in Südamerika noch drei grössere Vorkommen. Eines davon liegt im Serra Ricardo Franco State Park im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso.
Ein State Park ist ein staatlich anerkanntes Schutzgebiet. Eigentlich. Doch unter Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro sind solche Aussagen nicht mehr viel wert. Bolsonaros Regierung baut Schutz- und Kontrollinstitutionen ab und reduziert deren Einsätze im Regenwald mit drastischen Folgen. Die Waldzerstörung hat in den vergangenen Monaten überall erheblich zugenommen, auch in Schutzgebieten um 55 Prozent und in indigenen Gebieten sogar um 62 Prozent.
Fleischhunger gleich Flächenhunger
Der Serra Ricardo Franco State Park existiert seit 1997 und ist Heimat seltener und einziger Arten, darunter neben dem Hyazinth-Ara etwa auch der Riesenotter. Doch der Schutzstatus des Parks wird kaum verteidigt. Greenpeace hat recherchiert, dass Landwirtinnen und Landwirte für 71 Prozent der Fläche Besitzansprüche geltend machen. 25 Prozent des Schutzgebietes sind bereits gerodet, 33 Prozent davon seit Einrichtung des Parks. Statt Aras und Riesenottern wohnen auf diesen teils illegal abgeholzten Flächen nun: Rinder.
Einige der Rinderfarmen hat Greenpeace genauer untersucht und nachgewiesen, dass sie tausende Rinder über einen Zwischenhändler an Schlachthäuser der Fleischkonzerne JBS, Marfrig und Minerva verkaufen. Diese Konzerne exportieren auch in die EU: Im April 2018 bis August 2019 gingen knapp 13 Prozent ihrer Fleischexporte nach Europa, darunter Deutschland. Firmen, die Rindfleisch der drei Konzerne importieren, können derzeit nicht ausschließen, dass das Fleisch im Zusammenhang mit der Waldzerstörung in Schutzgebieten wie dem Serra Ricardo Franco State Park stehen. Denn die Lieferketten sind sehr intransparent.
Endlich handeln beim Handel
Die aktuelle Greenpeace-Studie steht beispielhaft für zahlreiche Fälle im gesamten Amazonasgebiet. «Im ganzen Land fällt auf, wie sehr Bolsonaro den Regenwaldschutz zugunsten der Waldzerstörer mit Füssen tritt», sagt Greenpeace Amazonas-Campaignerin Gesche Jürgens. «Sein Umweltminister befürwortet sogar die Umweltzerstörung – vollkommen absurd, aber wahr. Der Wald ist so stark unter Druck wie selten zuvor.» Und in solchen Zeiten wollen die EU (und auch die Schweiz) ein Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Mercosur-Verbund schliessen, zu dem derzeit neben Brasilien Argentinien, Paraguay und Uruguay gehören. Dieses Abkommen soll unter anderem Zölle auf Rindfleischimporte nach Europa senken, ebenso Zölle auf Pestizidexporte nach Südamerika.
Was kann ich tun?
Nächste Woche findet die «World Meat Free Week» statt, eine tolle Gelegenheit bewusst eine Woche auf den Konsum von Fleisch zu verzichten. Dazu haben wir spannende klimafreundlichen Rezepte, die Greenpeace Schweiz zusammen mit Tibits entworfen hat. Folge uns durch die «World Meat Free Week» auf Social Media und teile die Beiträge. Willst du noch mehr über die Zusammenhänge von Umweltzerstörung und Fleischkonsum erfahren? Dann nimm am Donnerstag 18.Juni 2020 am E-Talk rund um das Thema Futtermittelimporte teil!