Endlich tut auch die Schweizer Politik was zur Eindämmung der Plastik-Verschmutzung: Entgegen der Empfehlung des Bundesrats und trotz des vereinten Lobbyings der Verbände des Detailhandels, des Konsumentenforums und der Plastikindustrie stimmte der Nationalrat heute der Motion 18.3712 («Weniger Plastikmüll in Gewässern und Böden») deutlich zu. Er beauftragt damit den Bundesrat, gemeinsam mit den betroffenen Branchen Massnahmen zu ergreifen, mit welchen «die Verwendung von Plastikverpackungen und Einwegkunststoffprodukten innert nützlicher Frist erheblich reduziert» wird.
Die Detailhändler schieben die Verantwortung ab
Mit ihrem Lobbying zeigen die Detailhändler, allen voran die Riesen Migros und Coop, einmal mehr, dass sie nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Stattdessen
- schieben sie die Schuld auf andere Plastik-Abfälle: Der Detailhandel sei «nicht das Hauptproblem» in Sachen Umweltbelastung durch Plastik. Nur: Verpackungen inkl. Flaschen machen mehr als einen Drittel der Siedlungsabfälle aus und generieren mehr als die Hälfte der Reinigungskosten des Litterings.
- schieben sie die Schuld auf andere Akteure: Die Motion fokussiere «einseitig auf den Detailhandel», anstatt «allgemein die Lösung des Problems anzugehen». Nur: eine partielle Lösung behindert weder den Detailhandel als Ganzes noch erschwert sie die gleichzeitige Entwicklung weiterer Lösungsansätze.
- reden sie das Problem klein: Verpackungen oder Plastikgegenstände allgemein seien «nur dann problematisch […] wenn sie unsachgemäss entsorgt und somit […] zur Verschmutzung von Gewässer und Böden beitragen.» Nur: Was ist mit der Erdölförderung für die Herstellung von Plastik, was mit dem CO2, welches bei der Verbrennung – neben giftiger Schlacke und Filterstaub – entsteht?
- bringen sie Argumente auf, welche gar nicht zur Debatte stehen: Die Forderung nach Stärkung von Forschung und Entwicklung steht – wortwörtlich – schon in der Motion, genau wie der Zweck der ökologischen Verbesserung. Zusätzliche Forderungen nach Erhalt der Recycling-Qualität und -Quantität, Wirkungseffizienz und Verursachergerechtigkeit usw. sind keine Argumente gegen die Motion, da die Massnahmen erst noch definiert werden müssen – eben gerade mit den betroffenen Branchen.
Diese Argumente zeigen klar, dass der Detailhandel sein Versprechen, «freiwillig» Massnahmen umzusetzen, nicht einlösen wird. Die Motivation ist offensichtlich nicht da. Der Ständerat muss nun nachziehen, aber auch der Bundesrat ist mit der laufenden Entwicklung der Abfallvermeidungsstrategie gefordert. Ansonsten wird sich die Schweiz für ihren Spitzenplatz in der Abfallproduktion und der damit verbundenen Ressourcenverschwendung wieder von der OECD rügen lassen müssen.