Immer deutlicher zeigt sich, dass die Mehrheit der Schweizer Politikerinnen und Politiker keine grossen Schritte wagt, um die Klimaerhitzung einzudämmen. Deshalb braucht es mutige Menschen wie die Klimaseniorinnen oder die Initiantinnen und Initianten der Gletscher-Initiatve, die sich für eine klimaverträgliche Zukunft einsetzen.
Ist es Gleichgültigkeit? Wirtschaftshörigkeit? Wirtschaftliche Ängste? Ignoranz, ja Arroganz? Fehlender Mut? Warum haben SVP und FDP diese Woche während der Beratung des CO2-Gesetzes den Schweizer Klimaschutz so massiv abgeschwächt?
Diese Fragen habe ich mir in den letzten Tagen x-Mal gestellt. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum eine Mehrheit der Politikerinnen und Politiker auch in Zukunft voll auf Kohle, Erdgas und Erdöl setzen will, warum die Schweiz ihr Klimaziel bis 2030 allein durch den Kauf von Emissionszertifikaten im Ausland erfüllen soll und warum der Nationalrat nicht bereit ist, die Treibhausgasemissionen in erster Linie im Inland zu reduzieren.
Noch nie war die Datenlage über die Klimaerhitzung und die Folgen der globalen Erwärmung so gut und klar wie heute. So hat der Sonderbericht des Weltklimarats IPCC im Oktober dieses Jahres aufgezeigt, dass die Treibhausgasemissionen weltweit bis Mitte dieses Jahrhunderts auf netto Null gesenkt werden müssen, damit die Erderhitzung auf 1,5 Grad beschränkt werden kann. Das 1,5-Grad-Ziel ist keine Erfindung von Umweltorganisationen wie Greenpeace, sondern die durch die Staatengemeinschaft im Pariser Klimaabkommen festgesetzte Begrenzung der Klimaerwärmung. Dieses Abkommen hat notabene auch die Schweiz ratifiziert.
Jedes Zehntel Grad zählt.
Eine Begrenzung auf 1,5 statt auf 2 Grad macht einen grossen Unterschied für das Leben auf unserer Erde. 1,5 Grad würde im Vergleich zu 2 Grad unter anderem hunderte Millionen Menschen vor wiederkehrenden extremen Hitzewellen schützen – was wiederum unserer Gesundheit zugute kommen würde. Denn auf die gravierenden Folgen der steigenden Temperaturen für die Gesundheit der Menschen wiesen in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an Studien hin. Jüngst warnten die UNO und 27 führende internationale Forschungsinstitute im Fachmagazin «The Lancet»: «Die Klimaerwärmung gefährdet unsere Gesundheit immer stärker, besonders betroffen sind ältere Menschen in Europa.»
Eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grand würde ausserdem den Anteil der Bevölkerung, die unter Wasserknappheit leidet, halbieren und dazu beitragen, die Ziele für nachhaltige Entwicklung und die der Armutsbekämpfung zu erreichen.
Mit den derzeitigen Klimazielen der Staaten steuern wir aber auf eine Erwärmung von deutlich über 3 Grad zu. Wir müssen deshalb schnell von den fossilen Brennstoffen wegkommen und viel mehr auf erneuerbare Energien setzen. Bis 2030 ist der gesamte Kohleverbrauch um mindestens zwei Drittel und bis 2050 auf fast Null zu reduzieren. Auch aus der Energiegewinnung aus Öl und Gas müssen wir zeitnah aussteigen.
Politik ohne ohne Mut
Wie die Debatte im Nationalrat zum CO2-Gesetz gezeigt hat, haben viele Politikerinnen und Politiker nicht genug Mut. Deshalb hatten Schweizer Frauen im AHV-Alter im November 2016 das Heft selber in die Hand genommen. Die mutigen Klimaseniorinnen haben es gewagt, rechtlich gegen den Bund vorzugehen und eine Klimaklage einzureichen. Sie werfen dem Bundesrat vor, zu wenig für den Klimaschutz zu tun.
Die Seniorinnen liessen sich auf ihrem Weg zu mehr Klimagerechtigkeit nicht davon entmutigen, dass das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) auf ihr Gesuch nicht einmal eingetreten ist. Vielmehr zogen sie den Entscheid des UVEK vor das Bundesverwaltungsgericht.
Leider stiessen die Klimaseniorinnen auch bei den Richterinnen und Richtern nicht auf Gehör. Diese Woche lehnte das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab. Laut Urteil sind Frauen über 75 Jahre nicht stärker von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen als andere Bevölkerungsgruppen. Damit verwehrt das Gericht den Klimaseniorinnen die Möglichkeit, sich gegen ihre durch die Klimaveränderung verursachten Grundrechtsverletzungen zu wehren.
Zu hoffen ist, dass die Klimaseniorinnen dieses Urteil vor Bundesgericht anfechten werden. Sollte dies der Fall sein, wird Greenpeace wieder an der Seite der engagierten und herzlichen Frauen stehen und sie mit aller Kraft unterstützen. Denn wenn sich die Politik weiter weigert, den Klimawandel wirklich ernst zu nehmen und wirkungsvolle Massnahmen gegen die Erhitzung zu ergreifen, braucht es tatkräftige, engagierte Bürgerinnen und Bürger, um den Wandel herbeizuführen.
Den Klimaschutz in der Verfassung verankern
Aus diesem Grund begrüsst Greenpeace auch die geplante Gletscher-Initiative. Unabhängig von Parteien und politischen Ausrichtungen setzen sich Menschen aus der ganzen Schweiz gemeinsam für das gleiche Ziel ein: den Klimaschutz in der Verfassung zu verankern.
Sei auch du Teil dieser breiten Klimabewegung, die hoffentlich Klimageschichte schreiben wird. Unterstütze den Verein Klimaschutz Schweiz: