Der Energiekonzern Energy Transfer hatte eine 900-Millionen-US-Dollar-Klage gegen Greenpeace und andere Organisationen eingereicht. Das Unternehmen wollte auf diese Weise seine Gegnerinnen und Gegner mundtot machen. Doch nun wies ein US-Gericht die unbegründete Klage ab. Übrigens: Die Credit Suisse finanziert Energy Transfer, das Unternehmen hinter der Dakota-Access-Pipeline.
Dieser Artikel wurde am 3. Juni 2018 erstmals veröffentlicht und am 18. Februar 2019 angepasst und ergänzt.
US-Gericht weist Klage ab
Ergänzung vom 18. Februar 2019: Der Valentinstag vergangener Woche war ein guter Tag für die Redefreiheit. Ein Gericht in den USA wies die 900-Millionen-US-Dollar-Klage von Energy Transfer gegen Greenpeace und andere Organisationen ab. Energy Transfer ist das Unternehmen hinter der umstrittenen Dakota-Access-Pipeline.
Energy Transfer wählte die Klage als hinterhältige Taktik, um Greenpeace einzuschüchtern und die Kritik der Umweltorganisation an den bestehenden und geplanten Ölpipelines verstummen zu lassen. So behauptete das Unternehmen fälschlicherweise, dass Greenpeace Anführerin einer kriminellen Verschwörung in Standing Rock war. Die Abweisung der Klage ist eine deutliche Botschaft an Unternehmen, die versuchen, die Bevölkerung zum Schweigen zu bringen: Missbräuchliche Gerichtsverfahren werden nicht toleriert.
Greenpeace wird weiterhin für das Rechte auf freie Meinungsäusserung und das Recht auf Lobbyarbeit kämpfen. Diese Rechte sind unterlässlich für eine demokratische, friedliche und grüne Gesellschaft.
Wir sind zuversichtlich, dass der jüngste Gerichtsentscheid andere Unternehmen wie Resolute Forest Products davon abhalten wird, das Rechtssystem zu missbrauchen, um diejenigen zum Schweigen zu bringen, die den Mut haben, ihre Meinung zu sagen.
Friedlicher Aktivismus ist unerlässlich, um unsere Gemeinschaften und unseren Planeten zu schützen – jetzt länger je mehr. Wir werden nicht schweigen.
Was du über die Klage von Energy Transfer wissen musst
Erfahre hier mehr über den gefährlichen Trend von SLAPP-Klagen, beziehungsweise wie Unternehmen ihre Kritiker mit missbräuchlichen Klagen zum Schweigen bringen wollen.
1. Was ist eine SLAPP-Klage?
SLAPP ist ein Akronym und steht für «Strategic Lawsuit Against Public Participation». Mit dieser Taktik versuchen Unternehmen, die Beteiligung der Öffentlichkeit zu unterbinden. SLAPP-Klagen werden in der Regel ohne jegliche rechtliche Begründung eingereicht. Der Zweck solcher Klagen ist es, Kritiker zu zensieren, einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen, indem man sie mit horrenden Kosten einer Rechtsverteidigung belastet, bis sie gezwungen sind, ihre Kritik oder ihren Widerstand aufzugeben.
2. Warum verwendet Energy Transfer eine SLAPP-Klage?
Die Hoffnung des Unternehmens ist es, dass die Angeklagten die horrenden Summen bezahlen oder zumindest viel Zeit und Ressourcen für den Kampf gegen die Klage aufwenden müssen. Dies raubt den Angeklagten finanzielle und personelle Mittel und verunmöglicht weitere Proteste. Mit der 900-Millionen-US-Dollar-Klage will Energy Transfer die Opposition zum Schweigen bringen. Dabei stellt der Konzern die Geschehnisse in Standing Rock falsch dar und verbreitet die unverschämten und rassistischen Behauptungen, dass grosse Umweltorganisationen wie Greenpeace die von den Indigenen geführte Bewegung in Standing Rock inszeniert hätten.
3. Ein besorgniserregender Trend
Im Jahr 2016 reichte das kanadische Unternehmen Resolute eine SLAPP-Klage gegen Greenpeace ein, die von einem US-Bundesrichter vollständig abgewiesen wurde. Dennoch ist die Anwendung dieser listigen Taktik durch Unternehmen auf dem Vormarsch. Während wir politisch vor einem Aufschwung einer neuen globalen rechten Agenda stehen, versuchen Regierungen und Unternehmen auf der ganzen Welt, die freie Meinungsäusserung zu unterbinden. Dabei geht es nicht nur darum, Umweltorganisationen zum Schweigen zu bringen. Bei SLAPP-Klagen geht es ums Prinzip: Es soll ein klares Signal an alle möglichen Aktivistinnen und Aktivisten gesendet werden, um diese einzuschüchtern bevor sie für ihre Interessen einstehen.
4. Wer steckt hinter der Klage?
Genau wie im Fall Resolute wurde auch die Energy-Transfer-Klage von Michael Bowe eingereicht. Bowe ist Mitglied des persönlichen Anwaltsteams von Donald Trump und Teil der Anwaltskanzlei Kasowitz Benson Torres – gegründet und geleitet von Marc E. Kasowitz, dem persönlichen Anwalt von Trump. Die englische Zeitung The Times beschrieb Kasowitz einmal als «den Donald Trump der Juristen (The Donald Trump of lawyering)». Bowe hat öffentlich erklärt, dass er sich in Gesprächen mit anderen Unternehmen befindet, die erwägen, ihre eigenen SLAPP-Klagen gegen Greenpeace einzureichen. Dies lässt vermuten, dass er dieses tyrannische und antidemokratische Mittel dem Höchstbietenden anbietet.
5. Das ist kein Einzelfall
Es gibt viele Beispiele von SLAPP-Klagen, hier zwei Beispiele, von denen du vielleicht schon gehört hast:
Anfang 2017 klagte der Kohlemagnat Bob Murray gegen den TV-Moderator John Oliver, nachdem dieser eine Sendung zum Thema Kohle gemacht hatte. Dies ist nicht der erste Fall: In den letzten 15 Jahren haben Murray und/oder seine Firma verschiedene andere Journalisten verklagt.
In Uniontown, Alabama, wurden Einzelpersonen von der Green Group Holdings für 30 Millionen Dollar verklagt, da sie gegen Kohlenaschedeponien protestiert haben. Das Unternehmen offenbarte seine Motive, als seine Anwälte sich an die einzelnen Angeklagten wandten und ihnen einen Deal anboten: Die Green Group Holdings würde die Klage fallen lassen, falls die Personen einwilligen würden, der Green Group Zugang zu ihren elektronischen Geräten, zu ihren zukünftigen Social-Media-Aktivitäten und zu ausführlichen Informationen über die Mitgliedschaft ihrer Interessenvertretung und über die Kommunikation mit anderen Umweltschützerinnen und Umweltschützern zu gewähren. Nur dank eines öffentlichen Aufschreis und der Hilfe der Amerikanischen Bürgerrechtsvereinigung (ACLU) konnten sich die Bewohner im Februar 2017 mit der Green Group Holdings auf einen besseren Umweltschutz einigen.
6. Sie klammern sich an Strohhalme…
Genau wie im Fall Resolute nutzt ETP den Racketeering Influenced and Corrupt Organizations Act (RICO) – ein Gesetz, das ursprünglich geschaffen wurde, um die Mafia zu verfolgen. Es geht darum, dreifachen Schadensersatz zu fordern und den Geldbetrag aufzublasen, den man verlangen kann. In ihrer Klage behauptet ETP, dass Greenpeace ein korruptes Umweltunternehmen geführt habe, das «zynisch radikale, gewalttätige Öko-Terroristen unter den Demonstranten platziert und ihre Operationen direkt finanziert hat». Das ist ein haltloser Versuch, Rechtsbeistand als kriminelles Verhalten durch die Anwendung dieser Gesetze zu bezeichnen und verfassungsrechtlich geschützte freie Meinungsäusserung als diffamierend darzustellen. Es ist so lächerlich…
7. Wir können dagegen ankämpfen
Energy Transfer und andere Unternehmen versuchen mit allen Mitteln, die Redefreiheit und unser Recht auf friedlichen Protest zu unterdrücken. Also zeigen wir ihnen, dass wir das nicht zulassen: Wir weigern uns zu schweigen. Wir verteidigen die Redefreiheit. Und lass uns weiter für das Richtige einstehen.
Übrigens…
Die Spuren von Energy Transfer führen in die Schweiz: Die Credit Suisse pflegt Geschäftsbeziehungen mit dem Energieunternehmen.
Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag «7 Things You Need to Know About ETP’s Lawsuit Against Greenpeace» von Greenpeace USA vom 7. Dezember 2017.