AKW in Frankreich und Belgien haben schwere Sicherheitsmängel, wie eine aktuelle Greenpeace-Studie zeigt. Die Abklingbecken für abgebrannte Brennstäbe sind nicht ausreichend geschützt – auch im grenznahen Alt-Reaktor Fessenheim.
Hoch radioaktive, abgebrannte Brennelemente sind in französischen und belgischen Atomkraftwerken unzureichend geschützt. Das belegt eine Studie, die Greenpeace Frankreich heute in Paris den Behörden vorlegt. Darin bewerten sieben unabhängige Sicherheitsexperten, wie alle 58 französischen und sieben belgischen Atomkraftwerke geschützt sind. Dabei wurden vier AKW in Frankreich, darunter Cattenom und Fessenheim, sowie die belgischen Reaktoren in Tihange und Doel gesondert untersucht. Die aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich zugängliche Studie belegt: Abklingbecken für abgebrannte Brennelemente, in denen die höchste radioaktive Strahlung in einem Atomkraftwerk anfällt, sind kaum geschützt. Läuft das Kühlwasser aus den Becken aus, werden grosse Mengen Radioaktivität freigesetzt. «Statt mit viel Geld und Aufwand an oft uralten AKW herumzudoktern, müssen Frankreich und Belgien endlich den Ausstieg aus der Risikotechnologie einleiten», sagt Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace in Deutschland. «Die untersuchten Atommeiler gefährden Menschen in ganz Europa.»
Abklingbecken auch bei Fukushima-Katastrophe gefährdet
Sicherheitskonzepte bei Atomreaktoren konzentrieren sich überwiegend auf den Reaktor. Die Abklingbecken werden hingegen kaum betrachtet, obwohl spätestens seit dem Atomunfall von Fukushima klar ist, dass diese eine grosse Gefahr darstellen können. In Japan bestand nach der Explosion in den Reaktoren die Gefahr, dass auch die Abklingbecken trockenfallen. Wochenlang versuchten die Behörden 2011 einen Ausfall der Wasserkühlung und dadurch eine zusätzliche radioaktive Verseuchung zu verhindern. Wäre die Radioaktivität der abgebrannten Brennstäbe in die Umwelt gelangt, hätten laut dem damals amtierendem Regierungschef Naoto Kan bis zu 50 Millionen Menschen im Grossraum Tokio evakuiert werden müssen.
Sicherheitslücken auch bei Schweizer AKW
Die Schweizer Reaktoren sind anders konzipiert als französische bzw. belgische Anlagen, sodass spezifische Informationen aus der Greenpeace-Studie nicht direkt übertragbar sind. Nichtsdestotrotz sind auch bei Schweizer AKW erhebliche Sicherheitslücken gegen Einwirkungen von aussen oder durch Sabotage vorhanden, die sich aufgrund der veralteten Bauart der Anlagen nicht beheben lassen. Richtiger Schutz bietet nur ein abgeschaltetes AKW.
Die Schweiz ist zudem von zwei grenznahen französischen AKW bedroht: Fessenheim in der Region Basel und Bugey in der Region Genf. Die Greenpeace-Studie geht auf diese Anlagen spezifisch ein.
Risiko für die Bevölkerung
Greenpeace hat Informationen zu den betroffenen AKW in öffentlichen Quellen recherchiert. Aufgrund der brisanten Ergebnisse macht Greenpeace Frankreich die Details lediglich den dortigen Behörden zugänglich. «Wir wollen das Risiko für die Bevölkerung nicht noch grösser machen, als es ohnehin schon ist. Jetzt müssen die Behörden für die Sicherheit der Menschen sorgen. Der wirksamste Schritt dafür ist, Atomkraftwerke abzuschalten», sagt Greenpeace-Experte Smital.