Der Reaktor 1 von Beznau ist seit über einem Jahr nicht mehr am Netz. Dennoch hat die Schweiz immer genügend Strom gehabt. Das ist kein Wunder, denn die in den letzten Jahren gebauten einheimischen Anlagen, die erneuerbaren Strom produzieren, haben den Reaktor schon ersetzt. Wenn das älteste AKW der Welt endlich definitiv abgestellt wird, wird es deshalb niemand vermissen.
Den 13. März 2016 könnte man fast einen historischen Tag nennen. An diesem Tag – zufälligerweise unmittelbar nach dem fünften Jahrestag der Fukushima-Katastrophe – war der Reaktor 1 des AKW Beznau genau ein Jahr nicht mehr am Netz. Grund für die längere Abschaltung sind besorgniserregende Schwachstellen im Herzstück der Anlage.Historischen Charakter kann man diesem Tag aber auch deshalb zuschreiben, weil dann definitiv klar wurde: Die Schweiz hat auch ohne das älteste AKW der Welt genügend Strom.
Die Schweiz ohne AKW
2015 war überhaupt kein gutes Jahr für die Betreiber der Schweizer Atomkraftwerke. Beznau 2 war von August bis Dezember aus ähnlichen Gründen wie Reaktor 1 ausser Betrieb. Und auch die drei restlichen AKW – Mühleberg, Gösgen und Leibstadt – mussten zwischendurch unplanmässig wegen technischer Probleme abgeschaltet werden. Im August waren während ein paar Tagen sogar alle AKW vom Netz. Zum ersten Mal seit langem produzierte die Schweiz keinen Atomstrom mehr.
Weniger Atomstrom…
Das Resultat dieser Pannen: Die AKW produzierten letztes Jahr gemäss dem Bundesamt für Energie (BFE) gut 16 Prozent weniger Strom als im Jahr zuvor. Dies ist mehr als die jeweilige jährliche Produktion der kleinen Reaktoren in Mühleberg, Beznau 1 oder Beznau 2. 2015 hatte die Schweiz sozusagen ein AKW weniger.
… und doch genügend Strom
Den Zahlen des BFE zufolge produzierte die Schweiz 2015 trotzdem mehr Strom, als sie verbrauchte. Auch die Exporte waren höher als die Importe – dies trotz dem Bedarf der Speicherpumpen. Auch wenn in beiden Bereichen noch mehr getan werden muss: Der bisherige Ausbau der erneuerbaren Energien und die Fortschritte bei der Effizienz haben sich gelohnt. Denn trotz Bevölkerungszunahme und Wirtschaftswachstum ist der Schweizer Stromverbrauch 2015 praktisch gleich geblieben wie 2014 – und lag damit tiefer als in den Jahren 2010 bis 2013.
Beznau 1 muss nicht mehr ans Netz
Wenn Beznau 1 wieder ans Netz kommen sollte, würde der Reaktor bloss zur Überproduktion in der Schweiz beitragen und damit die derzeitige Stromschwemme in Europa noch verschlimmern. Die Wasserkraft geriete noch mehr unter Druck. Der Schweiz bliebe dann noch das massive Sicherheitsrisiko eines angeschlagenen AKW, das wir offensichtlich gar nicht brauchen. Das älteste AKW der Welt darf nicht mehr ans Netz. Und es muss es auch nicht.