Cyrill Studer ist Klimaexperte von Greenpeace Schweiz und schreibt direkt aus Kopenhagen |
Ob sich am Samstagmorgen beim Verlassen des Bella Centers altbekannte Staatschefs als Helden feiern lassen dürfen, bezweifle ich aufgrund der neueren Entwicklungen immer mehr. Bei unserem Heim in den alten Fabrikhallen haben sich hingegen bereits einige zu wahren Helden gemausert.
Da sind zum einen die drei jungen Süddeutschen, die am 7. September mit einem vollbepackten, 400 kg schweren Ziehwagen zu Fuss in Konstanz starteten. Nach einem kurzen Abstecher in die Schweiz ging’s stetig in den Norden – 2000 km, in 3 Monaten, bis nach Kopenhagen. Immer wieder bewirtet von Bürgermeistern, im Kontakt mit Schulklassen, gefeiert in der Lokalpresse warben sie in ihren Meerjungenfrauen-Kostümen für ein weitgehendes, faires und bindendes Klimaabkommen in Kopenhagen. Die Fotos, welche sie vor wenigen Tagen vor unserer bunt zusammengewürfelten Grossfamilie kommentierten, zeugten von abenteuerlichen Geschichten ab der ersten Minute. Der Höhepunkt folgte diesen Samstag inmitten der 100’000 klimaaktiven Leute, die die dänische Hauptstadt in einen farbigen, kreativen Hexenkessel verwandelten.
Mittendrin waren auch die über 70-jährigen Deutschen Gertraude Hassel und Ruth Piotrowski von einer Greenpeace 55+Gruppe. Seit Konferenzbeginn standen sie jeden Morgen um 6 Uhr im kalten, verschnarchten Schlafsaal auf und erwischten 45 Minuten später den Shuttle zum Bella Center. Im Inneren boten sie den Delegierten Bio-Kaffee an und verwickelten sie in Gespräche. Ruth absolvierte zuvor eigens dafür einen Englisch-Chrashkurs und schlug sich ganz wacker.
Wenn heute die ersten Minister hier eintreffen, geht folgender Wunsch von mir an sie: Eifert dem Heldentum dieser jungen und älteren AktivistInnen nach! Der Jubel der Weltöffentlichkeit am Samstag wäre Euch gewiss. An Sarah, Achim, Yve, Gertrude und Ruth werden sich ungleich weniger Menschen erinnern, aber ich bin überzeugt, sie sässen mit einem verschmitzten Lächeln im Zug Richtung Süden.