Greenpeace Bierlastwagen blockiert Castor (Video unten)

© Daniel Mueller / Greenpeace

Der Castor-Transport quer durch Westeuropa ist zwar am Ziel. Aber Greenpeace und Tausende Demonstranten haben sich der tödlichen Fracht mutig in den Weg gestellt. Bei der vielleicht spektakulärsten Aktion brachte Greenpeace einen Bierlaster clever in Position…  

Soviel Öffentlichkeit bekommt die kleine Bierbrauerei Hütt aus Hessen wohl selten.
«So herzerfrischend anders» lautet die Aufschrift eines LKWs, und besser hätte man es nicht ausdrücken können: Mehr als 12 Stunden blockierte Greenpeace alle möglichen Zufahrtstraßen zum Zwischenlager Gorleben.

Wieder einmal überraschte Greenpeace selbst die Polizei, und das nicht nur negativ. «Greenpeace macht immer tolle Maßnahmen», bekannte selbst der Presse-Sprecher der deutschen Polizei, Andreas Grischke. «Hütt? – das ist ein gutes Bier», tönte es derweil aus den Mündern der Polizisten.
Im Inneren des als Bierwagen getarnten Lastwagens hatten sich fünf Greenpeace-Aktivisten so befestigt, dass die Polizisten keine Chance hatten den LKW von der Strecke zu fahren, ohne dabei die Menschen zu verletzen.

Zwei von ihnen hatten sich mit je einem Arm und beiden Beinen in einem Betonblock eingelassen, der durch den Boden des LKWs auf die Straße gestellt und zusätzlich mit Stahlzylindern im Asphalt verankert wurde. Die drei anderen waren mit den Männern im Beton und dem LKW fest verbunden. Ratlos musste die Polizei zusehen, wie Greenpeace die wichtigste Zufahrtsstraße nach Gorleben ungehindert versperrte.

Über drei Stunden arbeiteten die Beamten daran, die schlaue Konstruktion der Verkettung der Aktivisten überhaupt erst einmal zu verstehen. Derweil hatte Greenpeace in den Laderaum des LKWs eine Kamera positioniert und übertrug die Geschehnisse im Inneren des Lasters auf einen Monitor nach außen. Journalisten und Fotografen konnten live zusehen, Schaulustige wurden aber in die naheliegenden Felder zurückgedrängt. Die Möglichkeit des Castors, den LKW zu umfahren, gab die Polizei nach einigen Messungen schnell wieder auf. Auch die Idee, den LKW und die mit ihm durch Beton verbundenen Personen mit einem Hubwagen zur Seite zu schieben wurde als aussichtslos eingestuft. Um 03.00 Uhr morgens begann die Polizei schließlich den Betonblock mühsam aufzuschneiden.

Inzwischen trugen die Beamten die ersten Demonstranten von den Gleisen, doch viele von ihnen liefen einfach ein Stück nach hinten und setzen sich dort wieder zu ihren Mitstreitern. Was die Polizei damit bezweckt wurde niemandem so richtig klar, und die einzige Lösung für die Polizei sei «Sitzen lassen und sich dazu setzen», wie Jochen Stay von ausgestrahlt.de kommentierte.

Kurz darauf kommt es zum Gerangel zwischen Polizei und Presse. Die Fotografen werden über Lautsprecher aufgefordert, die Arbeiten nicht zu behindern. Sofort hallen die Rufe der Demonstranten durch die Nacht: «Die Presse bleibt hier, die Presse bleibt hier». Die Atmosphäre bleibt gespannt, aber friedlich.

Gleichzeitig gelingt es Kletterern der Umwelt-Organisation Robin Wood unter großem Applaus ein Transparent zwischen Strommast und Baum zu spannen: «Endstation Atom. Bitte alle aussteigen». Mittlerweile hatte man Greenpeace selber den Zugang zu den Aktivisten verwehrt, und auch die Presse wird ausgeschlossen. Nach Angaben von Greenpeace sei eine Kommunikation über Konfliktmanager und Sanitäter trotzdem möglich gewesen.

Erst um sechs Uhr heute Morgen gelang es den ersten Aktivist aus dem Betonblock zu lösen, der zweite folgte um sieben Uhr.

Damit war die Kreuzung aber noch immer nicht frei! Die Aktivisten hatten die Hydraulik des Fahrzeugs außer Kraft gesetzt und den Wagen mit Stahlstangen in der Straßendecke verankert. Ein Räumfahrzeug der Polizei versuchte den Lastwagen abzuschleppen, konnte ihn aber keinen Zentimeter bewegen.

Schliesslich, um acht Uhr konnte der Wagen von der Straße gezogen werden. An den Gleisen ging es mittlerweile ruppiger zu und die Schienenbesetzer wurden im schnellen Tempo fortgetragen und an den Straßenrand geworfen. Damit war der letzte Schienenabschnitt geräumt und mit der ersten Sonne des Tages strahlte vor allem eines: Bewunderung für die Demonstrierenden in Deutschland. Was über 35.000 Menschen in den letzten vier Tage geleistet haben, ist das großartige Zeugnis dass ziviler Ungehorsam funktionieren kann.

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