Klima-Campaigner Alex Hauri berichtet täglich über die COP16 UN-Klimaverhandlungen in Cancun, Mexiko.
© Greenpeace / Fojtu
Hier in der Schweiz leben wir gerade unter dem Gefrierpunkt. In Cancun ist es heiss. Hitze dürfte die adäquatere Atmosphäre sein, den globalen Klimawandel zu verhandeln als Eis und Schnee. Trotzdem ist die Stimmung bestenfalls kühl, denn die Klimapolitik kommt einfach nicht vom Fleck.
Sicher nicht, weil die Unterhändler am Golf von Mexiko zu heiss haben. Sie verbringen ihre Hunderte von Diskussionsstunden in wohltemperierten Räumen. Klimaanlagen machen es möglich. Ebenfalls sind es Klimaanlagen die im 2022 in der Wüste von Katar die ganze Fussball-WM auf erträgliche Temperaturen herunter kühlen sollen. Ein ökologischer Wahnsinn? Ja, absolut (dabei aber nicht vergessen: jede Fussball-WM, mit ihren monströsen Neubauten und Abertausenden von Anreisenden ist ökologischer Wahnsinn und die FIFA wohl nur deshalb keine der gestern erwähnten Klimaverhandlungs-Untergruppen weil sie das Wort „Klima“ offenbar – siehe Katar-Vergabe – gar nicht kennen.)
Ich kann aber auch eine Chance in dieser Vergabe sehen: Wenn das Emirat, statt mit Öl- oder Gasenergie die Stadien zu kühlen, dies wie versprochen mit Solar-Strom macht, dann würden vielleicht auch die OPEC-Länder endlich die Wucht der Sonnenenergie erkennen und der OPEC-Destruktionskurs an den Klimaverhandlungen würde vielleicht geändert.
Denn auch wenn wir gerade angesichts eisiger Kälte, Mühe haben, statt Fussball und Wikileaks die Klimaerwärmung im Kopf zu haben – sie findet statt! Die WMO (World Meteorological Organization) veröffentlichte gerade neueste Zahlen, die jede subjektive Temparaturwahrnehmung in den Schatten stellt: 2001-2010 war das wärmste Jahrzehnt, seit die Menschheit um 1850 zu messen angefangen hat. Ein lautes Weckzeichen für die leicht unterkühlten VerhandlerInnen in Cancun.
Wer das einfach nicht hören will, scheint die USA zu sein, die lieber Clinton nach Zürich schickt (erfolglos!) als in Cancun ihre globale Klimaverantwortung in die Hände zu nehmen. Unser Greenpeace-Mann in Cancun, Martin Kaiser, beklagt denn auch die faktische Abwesenheit der USA bei den Verhandlungen: «Ausnahmslos sagen alle, dass sie sehr besorgt um den Erfolg dieser Klimaverhandlungen sind. Die USA sind auf mehrere Jahre blockiert – umso wichtiger, den politischen Raum ohne die USA jetzt zu definieren! », kommentiert unser Klima-Experte.
Mir bleibt nur zu hoffen, dass der Aufmarsch der grossen Häuptlinge (Putin, Cameron, Obama statt Clinton etc.) nächste Woche in Cancun ebenso gross und gewichtig sein wird, wie das im Verhältnis zum Klimawandel lächerliche Thema Fussball-WM.