Im Gegensatz zu den Forschenden bewertet die Schweizerische Arbeitsgruppe Gentechnolgie SAG die Resultate des Freisetzungsversuches mit genmanipuliertem Weizen der ETH und Uni Zürich als Misserfolg. Das vier Millionen Franken teure Herzstück des Nationalen Forschungsprogrammes NFP 59 hat lediglich bestätigt, was bekannt war: Unter Umweltbedingungen zeigen Labor-Gentechpflanzen oft unerwartete Reaktionen und Nebeneffekte.
Florianne Koechlin, SAG-Vorstandsmitglied, Biologin und Gentech-Kritikerin der ersten Stunde analysierte an einer heutigen Medienkonferenz die Ergebnisse der Freisetzungsversuche mit mehltauresistentem Gentech-Weizen. Dem Konsortium Weizen, das Forschende von ETH und Uni Zürich sowie weiterer Universitäten vereint, wirft sie vor, die mageren Resultate kommunikativ zu beschönigen. «Die unerwarteten Nebenwirkungen waren keine Überraschung. Das hat sich in den letzten 20 Jahren immer und immer wieder bestätigt: Genmanipulierte Pflanzen verhalten sich im Freiland anders als im Labor.» Der Grund dafür: Die eingeführten Gene verursachen im ganzen Organismus Turbulenzen.
Die SAG, der auch Greenpeace angehört, rüstet sich für die Gentechfrei-Zukunft. Bis Anfang 2012 wollen die Bauern-, Konsumenten-, Umwelt-, Entwicklungs- und Tierschutzorganisationen Strategien und Massnahmen für die Zeit nach Ablauf des bis Ende 2013 andauernden Gentech-Moratoriums entwickeln. Gemeinsames Ziel ist, dass die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft unter optimalen Bedingungen gentechfreie Lebensmittel herstellen können. Die Auslegeordnung der Strategien geht von einer Gentechfrei-Initiative 2 über parlamentarische Vorstösse bis zum reinen Marktszenario, das darauf baut, dass weder die KonsumentInnen noch der Detailhandel an Gentech-Lebensmitteln interessiert sind.
Marianne Künzle von Greenpeace begründet, weshalb die Schweiz nicht zum Sonderfall wird, wenn sie auch nach Ablauf des Moratoriums gentechfrei bleibt. Mehrere europäische Länder haben den Anbau von Gentech-Pflanzen verboten, Hunderte Städte, Gemeinden und Regionen deklarieren sich freiwillig als «gentechfrei». Auch sind die sowieso sehr kleinen Gentech- Anbauflächen in der EU im letzten Jahr um 13% gesunken. «Wenn die Schweizer Land- und Lebensmittelwirtschaft gentechfrei bleibt, ist das kein rückwärtsgewandter Entscheid. Die Schweiz wird hingegen zum Sonderfall, wenn sie in Zukunft auf Agro-Gentechnik setzen würde.» sagt Marianne Künzle.