Jüngst hat die Gutachterfirma Interface die Arbeitsweise des eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorates (ENSI) und des eidgenössischen Departements für Umwelt (UVEK) kritisch unter die Lupe genommen. Diese meinen: alles in Butter. Ein Gastkommentar von Stefan Füglister, Atomexperte im Auftrag von Greenpeace.

Jüngst hat die Gutachterfirma Interface die Arbeitsweise des eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorates (ENSI) und des eidgenössischen Departements für Umwelt (UVEK) kritisch unter die Lupe genommen. Diese meinen: alles in Butter. Ein Gastkommentar von Stefan Füglister, Atomexperte im Auftrag von Greenpeace.


Das AKW Gösgen durch die rosa Brille.

© Greenpeace/Fojtu

 

Das ENSI ist unabhängig?! Die Arbeitsweise des UVEK über jeden Zweifel erhaben?! Die betroffenen Institutionen interpretierten gestern den Bericht von Interface mit sehr viel Freiheit.

Anlass zur Untersuchung hatten die (Filz-)Vorwürfe der beiden kritischen Geologen Marcos Buser und Walter Wildi an die Adresse von Nagra, ENSI und Bundesamt für Energie gegeben. Es folgten Medienberichte zu einem Nagra-Papier, aus dem sich schliessen lässt, dass die Suche nach einem Standort für das Atommülllager nicht ergebnisoffen geführt wird. Damit wuchs das Fragezeichen ob der Arbeitsweise der fraglichen Behörden weiter.

Vergleicht man nun das via Pressestellen kommunizierte Eigenlob von Uvek und ENSI mit den tatsächlichen Ergebnissen des Gutachtens, wird dem geneigten Leser mulmig: Da korrigiert die Nagra (als Entsorgungsbeauftragte der Atomkraft-Werke) nicht nur die Protokolle der Atomaufsicht ENSI. Sie korrigiert auch ENSI-Gutachten bevor diese veröffentlicht werden.

Die Nähe der Aufsicht zu den Betreibern – nicht nur in Atommüllangelegenheiten, auch in Fragen der Sicherheit – wird nicht bestritten, aber verquererweise als Stärke ausgelegt. Der von Buser und Wildi geäusserte Verdacht, dass gelegentlich die Betreiber die Aufsicht beeinflussen und überwachen, ist massiv. Und ist doch berechtigt. Diese Menschen scheinen auf einem eigenen Planeten zu leben und allmählich den Sinn für realpolitische Prozesse zu verlieren. Anders ist diese Eigenlob-Hudelei nicht zu deuten. Kein Anzeichen von Einsicht  oder wenigstens der gebotenen Vorsicht!

Dagegen ist der Bericht der Firma Interface zu den Vorwürfen gegenüber ENSI, Nagra, Bundesamt für Energie fundiert und sachlich. Die Gutachter nehmen auch zur so genannten Regulatory Capture Stellung. Der Begriff beschreibt den Zustand, wenn ein regulierter Akteur Entscheidungen des Regulators so beeinflussen kann, dass sie seinen Interessen dienen.

Interface empfiehlt dazu: „Gemäss heutigem Wissensstand empfehlen wir, zu prüfen, ob die nicht geklärten Aspekte einer breiteren Untersuchung unterzogen werden sollen. Der ENSI-Rat soll diese Frage mit der Geschäftsleitung einerseits und dem UVEK andererseits diskutieren“. Von wegen alles in Butter.

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