Im neuen Greenpeace-Report «Ökologische Nutztierhaltung – Produktionspotential der Schweizer Landwirtschaft» sind Kriterien für eine ökologische und zukunftsfähige globale Nutztierhaltung formuliert. Was würde die Anwendung dieser Kriterien für die Schweizer Milch- und Fleischproduktion bedeuten? Trotz beachtlichem Produktionsvolumen muss der Konsum drastisch gesenkt werden.
Die Erzeugung von tierischen Lebensmitteln braucht mehr Fläche und Energie als die Produktion von Getreide oder Gemüse. Bereits heute beansprucht sie 75 Prozent der globalen Grünland- und Ackerflächen und konkurriert die menschliche Ernährung. Die UNO-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO rechnet bis 2050 mit einer Verdoppelung der Fleisch- und Milchproduktion. Dies braucht zusätzliche Flächen für die Tierfutterproduktion, oft auf Kosten von Savannen oder Wäldern, aber auch dem Anbau von Lebensmitteln. Auf das Konto von Fleisch, Milch und Co. gehen unter anderem der grösste Teil der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen und die grössten Phosphor- und Stickstoffeinträge in Böden, Gewässer und die Luft.
Die Schweizer Landwirtschaft nutzt mehr als die Hälfte der Schweizer Ackerfläche für die Tierfutterproduktion, und sie importiert jährlich über eine Million Tonnen Futtermittel. Die Nutztierhaltung ist aus dem Ruder gelaufen. Es braucht ein radikales Umdenken.
Für Greenpeace ist eine Nutztierhaltung unter anderem dann ökologisch,
- wenn sich Kühe, Ziegen oder Schafe praktisch ausschliesslich von Gras ernähren,
- wenn Schweine- und Hühnerfutter aus Nebenprodukten der Lebensmittelverarbeitung stammt,
- eine dadurch viel tiefere Anzahl Nutztiere viel weniger Treibhausgasemissionen produziert,
- Äcker- und Grünland mit organischem Dünger von Nutztieren gedüngt und auf synthetische Düngemittel und chemische Pflanzenschutzmittel verzichtet wird
- wenn in Ländern wie der Schweiz der Fleisch- und Milchkonsum drastisch sinkt.
Oben genannte Kriterien angewendet, stehen im Jahr 2050 pro Kopf weltweit noch 12 kg Fleisch (Schlachtgewicht) und 25 kg Milch zur Verfügung. Heute liegt der durchschnittliche Verbrauch pro Kopf und Jahr bei 40 kg Fleisch (Schlachtgewicht) und 80 kg Milch, in der Schweiz sind es 75 kg Fleisch und 380 kg Milch.
Wie viele tierische und auch pflanzliche Produkte könnte die Schweizer Landwirtschaft heute und im Jahr 2050 pro Kopf und Jahr nach den Kriterien von Greenpeace – unter Berücksichtigung des Bevölkerungsanstiegs, keinen zusätzlichen Leistungssteigerungen bei Nutztieren, gleich viel oder weniger vorhandenem Landwirtschaftsland, gleich hohen oder höheren Erträgen im Pflanzenbau – erzeugen?
Nach strengen ökologischen Kriterien kann die Schweizer Landwirtschaft im Jahr 2050 pro Kopf und Jahr bis zu 71 Prozent der heutigen Milchmenge (320 kg anstatt heute 450 kg pro Kopf/Jahr) produzieren. Verkaufsfertiges Fleisch sinkt auf 41 Prozent des heutigen Angebots, anstatt heute 44 kg sind dies noch 18 kg Fleisch. Die Zusammensetzung der 18 kg Fleisch schaut anders aus: mehr Rind, weniger Schwein, kein Huhn. Während noch 73 Prozent der heutigen Rindfleischmenge produziert werden (9 anstatt heute 13 kg verkaufsfertiges Rindfleisch), sinkt die Schweinefleischproduktion auf bis zu 32 Prozent (8 anstatt heute 24 kg verkaufsfertiges Schweinefleisch). Mastpoulet verschwindet ganz vom Speisezettel. Hingegen sind von den ökologisch genutzten Ackerflächen beachtliche Getreide-, Kartoffel- und Gemüseerträge zu erwarten.
«Diese Ergebnisse zeigen, dass die Schweizer Landwirtschaft auch unter strengen ökologischen Vorgaben hohe Mengen an tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln produzieren kann. Auf Verbraucherseite braucht es aber auch die Einsicht, dass mit weniger Fleisch der Genuss einen höheren Stellenwert erhält», sagt Marianne Künzle von Greenpeace Schweiz.Die Realisierung einer ökologischen Nutztierhaltung im Rahmen einer umfassenden ökologischen Agrarproduktion ist machbar. Dazu braucht es aber zusätzliche Investitionen zum Erhalt der Landwirtschaftsfläche, für die Forschung und Entwicklung in Pflanzenbau und der Nutztierhaltung sowie unterstützende politische Rahmenbedingungen für die Betriebe.