«Migros soll endlich handeln und bei der globalen Detox-Lösung mitmachen statt Greenwashing zu betreiben.» Das sagt die Verantwortliche der Detox-Kampagne von Greenpeace Schweiz, Mirjam Kopp, nachdem Labortests erneut bedenkliche Schadstoffkonzentrationen in Kinderkleidung von Migros nachgewiesen haben.
Greenpeace hat in Kinderjacken der Migros-Eigenmarke Trevolution drei umwelt- und gesundheitsschädlichen Chemikaliengruppen gefunden: Nonylphenolethoxylate (NPE), perfluorierte Chemikalien (PFC) und Phthalate (Weichmacher). Schockierend hoch sind insbesondere die Mengen von Phthalaten, welche in den Reissverschlussanhängern gefunden wurden. Solche Anhänger werden von Kindern gerne in den Mund genommen.
Die Schadstoffkonzentrationen übersteigen den gültigen gesetzlichen Grenzwert für Spielzeuge und Babyartikel um bis zu 600 Mal! Laut einer Mail des Bundesamtes für Gesundheit hat Migros die gesetzlich vorgeschriebene Sorgfaltspflicht verletzt, weil sie Kinderjacken mit hohen Mengen an gesundheitsgefährdenden Stoffen verkauft.
Einige der nachgewiesenen Phthalate sind hormonaktiv und fortpflanzungsgefährdend. Mehrere von ihnen gelten in der Schweizer Chemikalienverordnung als «besonders besorgniserregende Stoffe» und werden europaweit bald ganz verboten sein. Spezifische Gesetze zu Schadstoffen in Textilien gibt es leider nicht. Doch in Spielzeugen und Babyartikeln sind einige Phthalate schon heute bei Konzentrationen über 1000mg/kg verboten.
Seit Juni 2012 bemüht sich Greenpeace intensiv darum, mit der Migros eine einvernehmliche Lösung zu finden, damit diese auf eine giftfreie Produktion umstellt. Doch die Migros hat es bis anhin kategorisch abgelehnt, am globalen Detox-Lösungsprozess teilzunehmen. Als Greenpeace den Grossverteiler im Februar mit ersten Test-Ergebnissen konfrontierte, nahm der Konzern als einzige konkrete Massnahme eine Kinder-Regenjacke aus dem Sortiment. Die Schadstoffwerte bei den neu getesteten Modellen der selben Marke sind zehnfach höher als im ersten getesteten Kleidungsstück.
«Die Haltung der Migros ist umso bedenklicher, weil das Problem der Schadstoffe in der Branche hinlänglich bekannt ist», hält Mirjam Kopp fest. Mit ihrer internationalen Detox- Kampagne hat Greenpeace in den letzten Monaten zahlreiche Firmen dazu bewegen können, die immensen Herausforderungen zur Entgiftung der Textilindustrie und ihrer globalen Zuliefererkette anzugehen. Bis anhin haben 17 Unternehmen – darunter führende Textilmarken- und Detailhändler wie Zara, H&M, C&A, Marks & Spencer und Coop – sich dazu verpflichtet, auf eine giftfreie Produktion umzustellen. Das sind 13 Prozent des globalen Textil-, Bekleidungs- und Schuhwarenmarktes.
Doch die Migros weigert sich, beim globalen Detox-Lösungsprozess mitzumachen. Sie verweist stattdessen auf ihren Eco-Standard, der 2017 für alle Migros-Textilien gelten soll. Dabei ignoriert der Grossverteiler, dass auch sein verbesserter Eco-Standard nicht ausreicht, um die Schadstoffprobleme in der Produktionskette zu lösen, da dieser zahlreiche Lücken aufweist. Ein zentraler Mangel ist das Fehlen eines nachvollziehbaren Massnahmenkatalogs
mit Zeitplan, insbesondere für die Eliminierung der drei gefährlichsten Chemikaliengruppen.
Ausserdem fehlen Angaben darüber, wann und wie viele Migros-Lieferanten ihre Abwasserdaten veröffentlichen sollen. Man sucht beim Eco-Standard von Migros auch vergeblich nach klaren Bekenntnissen und Definitionen bezüglich «Vorsorgeprinzip», «Recht auf Wissen» oder «Null-Schadstoff-Freisetzung».