Honig- und Wildbienen sind in den meisten geografischen Regionen die überwiegende und wirtschaftlich bedeutsamste Gruppe der Bestäuber. Die neue Greenpeace-Studie «Bye bye Biene? Das Bienensterben und die Risiken für die Landwirtschaft in Europa» macht jedoch klar: Die Bienen sind gefährdet. Und mit ihnen unsere Nahrungsmittelproduktion. Es braucht dringende Massnahmen zum Schutz der fleissigen Tiere.
Ohne Insektenbestäubung müsste etwa ein Drittel der Nutzpflanzen, die wir für unsere Ernährung brauchen, anders bestäubt werden – mit potenziell massiven Ernteeinbussen. Bis zu 75 Prozent unserer Kulturpflanzen wären von einem Produktivitätsrückgang betroffen. Die nahrhaftesten und beliebtesten Nutzpflanzen auf unserem Speiseplan – viele wichtige Obst- und Gemüsesorten – sowie einige Futterpflanzen für die Fleisch- und Milchproduktion würden durch einen weiteren Rückgang der Insektenbestäuber arg in Mitleidenschaft gezogen.
Der jüngsten Schätzung zufolge liegt der globale wirtschaftliche Nutzen der Bestäubung bei 265 Milliarden Euro, was dem Wert der Kulturpflanzen entspricht, die auf natürliche Bestäubung angewiesen sind. Nicht nur die Kulturpflanzen sind betroffen: Bis zu 90 Prozent aller Wildpflanzen sind für ihre Fortpflanzung auf Tierbestäubung angewiesen. Dieser Wert kann kaum beziffert werden.
Doch seit einigen Jahren nehmen bewirtschaftete Honigbienenvölker zunehmend Schaden. Die Verluste sind besorgniserregend. In den vergangenen Wintern lag die Sterberate bei Honigbienenvölkern in Europa bei bis zu 53 Prozent. Der weltweite Rückgang von Bienenpopulationen ist multifaktoriell: Die wichtigsten Faktoren stehen im Zusammenhang mit Krankheiten und Parasiten und sind zudem auf den Klimawandel, aber auch weitverbreitete industrielle Agrarpraktiken zurückzuführen, die viele Aspekte im Lebenszyklus der Biene negativ beeinflussen.
Eine grosse direkte Gefahr für die Bienen geht von bestimmten Insektiziden aus, den so genannten Neonicotinoiden und weiteren giftigen Substanzen. Die konventionelle Landwirtschaft setzt diese Nervengifte der Agrokonzerne Syngenta oder Bayer weltweit zur Saatgutbeizung ein oder spritzt sie direkt auf die Kulturpflanze. Schon eine geringe Dosierung kann bei Bienen zu Flug- und Navigationsproblemen führen, die Fortpflanzungsfähigkeit sowie die Fähigkeit zur effizienten Nahrungssuche reduzieren. In der Kombination mit einer artenarmen Umwelt wirken sie sich negativ auf die Widerstandsfähigkeit von Bienen aus, was diese wiederum anfälliger für Krankheiten und Parasiten wie die Varroa-Milbe machen kann.
«Das Verschwinden der Bienen ist ein Symptom einer fehlgeleiteten Landwirtschaft, die intensiv Chemikalien einsetzt und die Artenvielfalt reduziert», sagte Marianne Künzle, Landwirtschaftsexpertin bei Greenpeace Schweiz. «Davon profitieren in erster Linie mächtige Konzerne wie der Schweizer Konzern Syngenta oder Bayer, die alles versuchen, um ein Verbot ihrer bienenschädlichen Insektizide zu verhindern. Die einzige zukunftstaugliche Lösung ist ein Paradigmenwechsel hin zu einer ökologischen Landwirtschaft. Ein Verbot bienenschädlicher Chemikalien aus der Landwirtschaft ist ein wesentlicher und vor allem wirksamer erster Schritt zum Schutz der Gesundheit von Honig- und Wildbienen.»
Im Februar hatte Greenpeace zusammen mit Imkern aus der ganzen Schweiz den Behörden in Bern eine Petition zum Schutz der Bienen überreicht. Darin unterstützen über 80’000 Menschen die Forderungen der Umweltorganisation.