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Flurina Rothenberger in Dakar © Greenpeace
Die junge Schweizer Fotografin Flurina Rothenberger berichtet aus Dakar über das Leben in der senegalischen Hauptstadt während der Regenzeit. Sie ist dort, um ein Projekt zu realisieren, das vom Greenpeace Photo Award prämiert wurde. Die Arbeit wird im Januar in der Coalmine-Galerie Winterthur ausgestellt und Auszüge davon werden vorgängig im Greenpeace Magazin und dem Kulturmagazin DU publiziert.
Die junge Schweizer Fotografin Flurina Rothenberger berichtet aus Dakar über das Leben in der senegalischen Hauptstadt während der Regenzeit. Sie ist dort, um ein Projekt zu realisieren, das vom Greenpeace Photo Award prämiert wurde. Die Arbeit wird im Januar in der Coalmine-Galerie Winterthur ausgestellt und Auszüge davon werden vorgängig im Greenpeace Magazin und dem Kulturmagazin DU publiziert.
«Dakar ne dort pas… parce que Dakar se noie!» titelte am 8. August die senegalesische Tageszeitung «Le Quotidien Sud». Am Tag zuvor hat der Himmel seine Schleusen geöffnet und den Beginn der Regenzeit angekündigt. Für jeden Bauer ein Segen, bedeutet «l’hivernage» wie die Regenzeit hier genannt wird aber seit einigen Jahren für Dakar vor allem Hochwasser und Überschwemmungen. Verzweifelt ist hier jedoch niemand. Alle wissen: Das Hochwasser bleibt die nächsten zwei Monate – il faut vivre avec.
Dicht besiedelte Banlieues wie Thiaroye, Diacksao und Pikine bekommen die Naturkatastrophe am stärksten zu spüren. Während meinen letzten Besuchen in der senegalesischen Hauptstadt habe ich mich auf diese Brennpunkte konzentriert, weil die Katastrophe dort am augenfälligsten ist und die Menschen notgedrungen damit klarkommen müssen. Der Unrat wird in die Ruinen der im Vorjahr verlassenen Häuser gekippt; Fäkalien verschwinden in Sickergruben; natürliche Wasserläufe werden zugeschüttet, um neues Bauterrain zu schaffen; das Grundwasser ist verschmutzt; die Wege für sauberes Trinkwasser sind weit und teuer, Sensibilisierung und Kontrolle fehlen komplett. Wo noch vor wenigen Jahren die Palmenplantagen der Region das ganze Land mit Palmöl versorgten, wird dieses nun importiert und vereinzelt stehen sie noch da, die abgestorbenen Stümpfe ohne Kronen, alles Mahnmale für die ökologische Katastrophe.
Themen wie der Notstand während der Regenzeit in Senegal interessieren mich als Fotografin vor allem wegen ihrer Komplexität, haben sie doch einen soziologischen, ökologischen, aber auch ökonomischen Hintergrund. Wertvolles Landwirtschaftsgebiet wird im Zuge der Landflucht wild besiedelt. Während der Regenzeit verwandeln sich diese illegal entstandenen, infrastrukturlosen Siedlungen innert kürzester Zeit in übelriechende Kloaken, in denen Krankheiten grassieren und die Natur zerstört wird.
Ist die Überschwemmung da, fordern die Betroffenen nach mehr behördlichen Initiativen, und dass ihre Behausungen anerkannt und an das offizielle Infrastrukturnetz angeschlossen werden. Im Grunde müsste die Regierung jedoch – wollte sie sich entschlossen zeigen im Kampf gegen das Hochwasser – vor allem dem falschen Siedlungsverhalten Einhalt gebieten. Dies wiederum würde bedeuten, dass Tausende von Familien ihr Heim verlieren würden. Die politischen Verantwortlichen scheuen solch radikale Massnahmen. Ausserdem existieren keine Umsiedlungspläne. Ein Teufelskreis, der verheerende Konsequenzen für die Bevölkerung und die Umwelt hat.
Als Schweizer Fotografin ist es mir wichtig, darüber zu berichten und Parallelen aufzuzeigen: Der Wunsch nach einem stabilen Zuhause und dem Gefühl der Sicherheit ist ein tief menschliches Bedürfnis und hat nichts mit der Herkunft zu tun. Im Zuge der Verstädterung wie man sie nicht nur in Dakar, sondern in vielen afrikanischen Metropolen beobachtet, kollidiert dieser Traum mit der harten Realität.
Bei meiner täglichen Arbeit in Dakar fühle ich Bewunderung für die Geduld und die Improvisationsgabe der SenegalesInnen, ihr stoisches Ausharren in dieser misslichen Lage. Aber ich sehe auch, dass in eben dieser Tugend die Gründe dafür liegen, dass das Problem nicht bei der Wurzel gepackt wird und die Gemeinschaft scheitert. Von diesem Drama handelt meine Fotoarbeit im Senegal.
Flurina Rothenberger // NDOX – Wasser from Greenpeace Switzerland on Vimeo.