In Punkto erneuerbarer Energie ist die Pfadiabteilung Falkenstein Köniz (PFK), eine der grössten Abteilungen der Schweiz und zum gleichnamigen Heimverein gehörend, zweifellos ein inspirierendes Vorbild. Treibende (und wahrscheinlich sonnenbetriebene) Kraft hinter der Erfolgsgeschichte ist der unermüdliche Leiter des Heimvereins Heinz Jenni. Dass die Pfadibewegung zudem auf eine mittlerweile über 100jährige Geschichte zurückblicken kann und seither wichtige Jugendarbeit leistet, ist Grund genug, sich mal ernsthaft auf den Pfadiweg zu begehen, und Jenni in Köniz zu besuchen.
«In 50 Jahren wird ja kein Dach mehr schön rot sein»
Damals waren sie alle noch etwas kritisch. Ein solarbetriebenes Pfadiheim? Mit von Jugendlichen selbst installierten PV- und Thermikanlagen? «Eine grüne Utopie!». «Das rechnet sich doch nicht!». «Viel zu gefährlich und unsicher!». Doch Heinz Jenni, 1952 als junges «Wölfli» in die Könizer Pfadi eingetreten und seit 1989 Heimvereinspräsident, sah das anders. Als er und sein Team sich vor der Jahrtausendwende grundsätzliche Gedanken zu den Themen Nachhaltigkeit und Energie machten, insbesondere unter den Aspekten Vorbildsfunktion und Pädagogik, schienen ihm vor allem folgende Punkte wichtig: Die Könizer Pfadiheime sollten möglichst umweltfreundlich betrieben und den Jugendlichen die Sonnenenergienutzung aktiv näher bringen. So stiess ein Rundbrief von Jugendsolar, eine Jugendkampagne von Greenpeace Schweiz, 1998 bei den Verantwortlichen der PFK auf offene Ohren – und Dächer.
Jugendsolar trifft auf Pfadi
Kuno Roth und Retze Koen, die zwei Greenpeace Jugendsolarpioniere aus der Schweiz und mittlerweile beinahe Inventar der Umweltorganisation, zimmerten schon in den 90ern an der Realisierung einer lokalen Energiewende und engagieren sich bis heute mit Herzblut dafür. Sie starteten am 21. März 1998 das Jugendsolar Projekt mit dem Ziel, 100 Solaranlagen auf Schulhäusern, Pfadiheimen und Jugendherbergen zu installieren (heute sind es knapp 300). In diesem Zusammenhang kontaktierten sie alle Pfadiheime und zahlreiche Schulhäuser – so auch die PFK.
1999 war Jenni zum ersten Mal bei einer kleinen Photovoltaik-Installation (PV) dabei. Aufgewachsen in einer Generation, in welcher man Atomstrom als Lösung
gegen das Erdöl-Problem verstand und diesem entsprechend unkritisch gegenüberstand, hatte Jenni bis dato wenig Kontakt mit erneuerbarer Energie. Die Arbeit überzeugte ihn jedoch auf Anhieb – «das hout ja»! Er dachte sich schon da, dass man das doch im grösseren Stil durchziehen müsste. Und so machte er Nägel mit Köpfen.
Klare Linie überzeugt Jury des Berner Energiepreises
Heute, 15 Jahre später, findet sich in der PFK, das mit fünf Häusern und drei Nebenbauten Schlafplatz und Infrastruktur für bis zu 120 Leute bietet, nur noch ein einziges freies Dach. Auf die Frage, ob ihm nach der letzten möglichen Installation denn nicht langweilig würde, schüttelt Jenni lächelnd den Kopf. Falkenstein Köniz ist das erste Minergie-Pfadiheim der Schweiz. Vier Photovoltaik-und zwei thermische Anlagen wurden seit 2003 gebaut, stets in enger Zusammenarbeit mit Jugendsolar. Seit ihrer Inbetriebnahme haben die vier Anlagen soviel Strom produziert, wie 100 Schweizer Haushalter durchschnittlich in einem Jahr verbrauchen. Längst können sie den Strombezug mit eigener Energieproduktion decken. Die Solaranlage Weiermatt ist eine vom Bundesamt für Energie anerkannte Pilot- und Demonstrationsanlage. Intelligent gesteuerte Wärmepumpen wurden installiert, ebenso elf solarbetriebene Strassenlampen. Und beinahe täglich werden in und um die beiden Pfadizentren junge Menschen auf erneuerbare Energie sensibilisiert, geschult und informiert und somit wertvolle Öffentlichkeitsarbeit geleistet. Folgerichtig wurde der Pfadi- und Heimverein 2010 mit dem Berner Energiepreis ausgezeichnet: «Die Kinder und Jugendlichen werden aktiv in die Projekte miteinbezogen und dabei auf den sorgfältigen Umgang mit Ressourcen sensibilisiert. Die seit Beginn erkennbare, klare Linie hat auch die Jurymitglieder des Berner Energiepreises überzeugt. Sie hoffen, dass die Leistungen des Heimvereins und der Pfadi Falkenstein Köniz anderen Vereine als Vorbild dienen», so die Begründung der Jury.
Auch finanzielle Vorteile
Trotz grosser Medienaufmerksamkeit stellt die PFK noch eine Ausnahme dar. Jenni wünscht sich mehr solarisierte Pfadiheime. Die Zentren würden nur den administrativen Aufwand und die anfänglichen Kosten sehen. Natürlich bedeutete es personellen Mehreinsatz. Doch in der Pfadikultur seien Ehrenämter und Freiwilligeneinsätze ja tief verankert – das langfristige wirtschaftliche Potenzial werde einfach zu oft noch nicht wahrgenommen. Und genau darin liegt die Krux: tendenziell nimmt ehrenamtliches Engagement ab, und da Ehrenamt und Teilzeit in der Regel Hand in Hand gehen, fehlt diesen oft der Blick fürs grosse Ganze. Gerade wenn es aber um den Umgang mit natürlichen Ressourcen geht, sind langfristiges Denken und Weitsicht von zentraler Bedeutung. In diesem Sinne würde Jenni es begrüssen, wenn es mehr aktive kompetente Berater für die Pfadizentren, sowohl für Bau- als auch für Finanzfragen, gäbe. Er macht keinen Hehl daraus, dass ihn stets auch die finanziellen Aspekte gereizt haben.
Kleines Vorbild sucht grosses Vorbild
Die Könizer Pfadiheime seien jedoch zu klein, um einen Flächenbrand auszulösen, meint Jenni. Es bräuchte ein internationales Heim als Vorbild, beispielsweise das Kandersteg International Scout Center KISC. KISC, Greenpeace und Solafrica, eine junge Non-Profit-Organisation aus Bern, planen für diesen Sommer gemeinsam die Installation einer PV- Anlage im KISC. Diese findet zeitgleich mit den ebenfalls von ihnen organisierten Solarworkshops statt. Dabei werden PfadileiterInnen und -funktionäre aus allen Kontinenten zu Solartrainern ausgebildet. Das Ziel ist, das in der solaren Lernumgebung Kandersteg angeeignete Knowhow in ihren Heimatländern weiterzugeben.
Nachhaltigkeit und Pädagogik werden gleichermassen gross geschrieben
Dass die jungen Könizer PfadfinderInnen bei den PV-Installationen nicht nur die Panels tragen, sondern wirklich auch die Idee, spürt man deutlich. Als die Verantwortlichen der PFK 2008 provisorisch beschlossen, keine weiteren Anlagen mehr zu bauen, kam Widerstand von den Jungen. Diese wollten sich wie bereits ihre VorgängerInnen an der Nachhaltigkeit ihrer Pfadizentren beteiligen. Und genau dies ist der Schlüssel: nur wenn Jugendlichen aktiv die Sonnenenergie näher gebracht wird, kann der Funken springen.