In Russland wird (nach Kanada) weltweit am zweitmeisten FSC-zertifiziertes Holz eingeschlagen. Inzwischen ist die in Russland FSC-zertifizierte Waldfläche mit 38,5 Mio. Hektar grösser als die Fläche Deutschlands. Dies wäre eine grossartige Sache, wenn daraus auch tatsächlich nachhaltig produziertes Holz und echt nachhaltiger Zellstoff entspringen würde. Leider ist es bisher jedoch nicht gelungen, die auf Papier durchaus starken russischen FSC-Kriterien und Prinzipien in die Realität umzusetzen.

In Russland wird (nach Kanada) weltweit am zweitmeisten FSC-zertifiziertes Holz eingeschlagen. Inzwischen ist die in Russland FSC-zertifizierte Waldfläche mit 38,5 Mio. Hektar grösser als die Fläche Deutschlands. Dies wäre eine grossartige Sache, wenn daraus auch tatsächlich nachhaltig produziertes Holz und echt nachhaltiger Zellstoff entspringen würde. Leider ist es bisher jedoch nicht gelungen, die auf Papier durchaus starken russischen FSC-Kriterien und Prinzipien in die Realität umzusetzen.

In vielen FSC-zertifizierten Waldregionen wird der Wald systematisch übernutzt. So hat auch die industrielle Abholzung in der russischen Taiga, welche auf weiten Flächen zertifiziert ist, nicht viel mit nachhaltiger Waldbewirtschaftung am Hut. Russische NGOs verwenden deshalb inzwischen den Begriff von «Wood Mining» (Holzabbau) – analog zur Ressourcenextraktion im Bergbau. Dies auch, weil man die Kahlschlagflächen in der Taiga nicht einfach wieder aufforsten kann. Einerseits sind die Aufforstungskosten zu hoch und andererseits wachsen die Bäume unter den vorherrschenden klimatischen Bedingungen mit kurzen Vegetationsperioden langsam.

FSC ist inzwischen vielerorts – vom europäischen Teil Russlands bis in den Fernen Osten – zum treibenden Faktor für die Einholzung intakter Urwaldgebiete geworden: Da die meisten europäischen Grossabnehmer insbesondere für Risikogebiete wie Russland eine Nachhaltigkeits-Garantie verlangen, welche das FSC-Label scheinbar anbieten kann. Denn Grossabnehmer wie IKEA wollen auf Produkte aus Urwaldgebieten verzichten – es sei denn, sie sind FSC-zertifiziert. Auch einige Banken verlassen sich in ihren Sektor-Richtlinien zur Forstwirtschaft auf FSC. Dies führt zu einem negativen Anreiz in Russland: Ohne das Label hätten viele Produzenten, welche in schützenswerten Wäldern operieren und auf Export angewiesen sind, keine Kundschaft. Wegen jahrelanger Übernutzung und zu hohen Einschlagsquoten können viele FSC-zertifizierte Holzfirmen nur noch überleben, wenn sie weiter in Urwaldgebiete einschlagen, welche eigentlich gesetzlich unter Schutz gestellt werden sollten.

Unsere Kolleginnen und Kollegen von Greenpeace Russland untersuchen Veränderungen in intakten Urwaldgebieten anhand von Satellitenbildern und Feldbesuchen. Die Analyse von hochaufgelösten Satellitenbildern ermöglicht die Erkennung und Auswertung von Waldbewirtschaftungsformen, Strassenbau sowie die Veränderung der Waldflächen durch Holzschlag, Feuer-, Windschäden oder Insektenbefall. Die heute veröffentlichte Greenpeace-Fallstudie steht stellvertretend für viele weitere Beispiele: Im Urwaldgebiet zwischen den Flüssen Dwina und Pinega, in der Region Archangelsk im Nordwesten Russlands, operieren fünf Holzunternehmen mit «Wood-Mining» oder gar Kahlschlag-Praktiken. Hier wurde 1999 das erste FSC-Zertifikat Russlands herausgegeben – seitdem wird mit Hilfe des Labels abgeholzt.

Montag, 4. August 2014

Die Analyse von hochaufgelösten Satellitenbildern ermöglicht die Erkennung und Auswertung von Waldbewirtschaftungsformen, Strassenbau sowie die Veränderung der Waldflächen durch Holzschlag, Feuer-, Windschäden oder Insektenbefall.

Die Mehrzahl der Firmen hat inzwischen ihre Wald-Zertifikate verloren oder sie selber nicht erneuert. Dabei ist zu betonen, dass diese Unternehmen im Vergleich besser abschneiden als andere zertifizierte Unternehmen. Die russischen NGOs versuchen zudem seit Jahren in Verhandlung mit den lokalen Behörden und den Firmen ein gesetzlich verankertes Urwaldschutzgebiet aufzubauen. Genau dieses Gebiet ist nun aber bedroht, weil die zuvor FSC-zertifizierten Waldflächen rundherum ausgeholzt sind und die Firmen fürs wirtschaftliche Überleben keine andere Wahl haben, als weiter in dieses Gebiet einzuschlagen. Dieser Fall zeigt exemplarisch auf, dass es vor der Herausgabe von FSC-Zertifikaten eine regionale und partizipativ entstandene Waldentwicklungsplanung braucht, welche Schutzgebiete und Wirtschaftswaldzonen definiert und verankert bevor frisch drauflosgeholzt wird.

Zertifizierter russischer Zellstoff, aber auch Schnittholz, gelangen in beträchtlichen Mengen auch in die Schweiz und finden sich in einer breiten Produktepalette in unseren Haushalten wieder – Bücher, Windeln, Papierware oder Tetrapacks sind nur ein paar wenige Beispiele. Migros, Coop und viele weitere Firmen sowie Konsumenten setzen heute voll auf FSC.

Es gibt bisher keine Alternative zu FSC – aber FSC muss strenger werden

FSC muss dringend handeln und das Steuer herumdrehen, um der Nachfrage nach ökologisch und sozial gerecht produzierten Produkten gerecht zu werden. Eine grosse Anzahl von Zertifikaten in schützenswerten Urwaldgebieten müssen suspendiert werden. Das Label muss einen Weg finden, um die Erhaltung von unersetzbaren Urwaldbeständen zu unterstützen, anstatt ihre Degradierung zu fördern. Es gibt bisher kein Label neben FSC, welches von Umweltverbänden und sozialen Gruppen unterstützt werden kann und das Potential hätte, einen Beitrag zum Schutz der verbleibenden Urwälder zu leisten.

Wir Konsumenten sind jedoch auch gefordert unseren Konsum von Papier-und Zellstoffprodukten wie Haushaltpapier, Wegwerfwindeln, Pappbecher, unnötiger Verpackung etc. zu drosseln und so die Nachfrage nach Zellstoff aus Urwaldgebieten nicht weiter anzuheizen.

0 Shares
Share
Tweet
Share