Die spektakuläre Aktion von Greenpeace International auf der Bohrplattform Prirazlomnaya im September 2013 wurde vor allem durch die nachfolgenden Inhaftierung bzw. Festsetzung der 30 Aktivistinnen und Aktivisten (Arctic 30) und des Greenpeace-Eisbrechers Arctic Sunrise bekannt. Worüber die Medien aber nicht berichten und was die meisten Leute nicht wissen, ist, dass dieser gewaltfreie Protest wichtige Prozesse für den Schutz der Arktis in Russland in Gange gebracht hat.
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Montag, 8. September 2014
Was hat der Einsatz der Arctic 30, verbunden mit dem Engagement von Millionen von Menschen aus der ganzen Welt, für den Schutz der Arktis bewirkt? © Greenpeace
Die spektakuläre Aktion von Greenpeace International auf der Bohrplattform Prirazlomnaya im September 2013 wurde vor allem durch die nachfolgenden Inhaftierung bzw. Festsetzung der 30 Aktivistinnen und Aktivisten (Arctic 30) und des Greenpeace-Eisbrechers Arctic Sunrise bekannt. Worüber die Medien aber nicht berichten und was die meisten Leute nicht wissen, ist, dass dieser gewaltfreie Protest wichtige Prozesse für den Schutz der Arktis in Russland in Gange gebracht hat.
Was hat der Einsatz der Arctic 30, verbunden mit dem Engagement von Millionen von Menschen aus der ganzen Welt, für den Schutz der Arktis bewirkt? © Greenpeace
Ein Jahr danach stellen wir uns die Frage: Was hat der Einsatz der Arctic 30, verbunden mit dem Engagement von Millionen von Menschen aus der ganzen Welt, für den Schutz der Arktis bewirkt? Bis die Arktis geschützt ist, ist es noch ein langer und steiniger Weg. Aber wir können in Russland kleine positive Entwicklungen erkennen.
Das sind die 6 wichtigsten Veränderungen:
1. Russland hat zugesagt im Arktischen Rat ein rechtlich-verpflichtendes internationales Abkommen gegen Öl-Verschmutzung der Arktischen Gewässer zu unterstützen. Genau dafür hat Greenpeace gekämpft!
Allerdings hat der Arktische Rat dieses Abkommen 2013 verpatzt und nur ein sehr enttäuschender Entwurf mit unverbindlichen Vorschlägen erarbeitet. Der Entwurf enthielt zudem keinerlei Vorschriften oder Bedingungen für Konzerne, welche in der Arktis nach Öl bohren. Wir hoffen, dass das endgültige Abkommen, welches Ende 2014 ausgearbeitet wird, relevantere und verbindlicher sein wird. Möglicherweise dank eines Beitrags von russischen Vertreterinnen oder Vertretern im Arktischen Rat.
2. Der russische Präsident Putin hat die russischen Behörden und Unternehmen beauftragt in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Umweltorganisationen Massnahmen vorzubereiten um die Artenvielfalt der Arktis vor Ölkatastrophen zu schützen.
3. Gazprom bemüht sich seinen notorisch ungenügenden Notfallplan für Ölunfälle für die Prirazlomnaya-Bohrplattform, genau dort wo Marco Weber und die anderen Arktisschützerinnen und Arktisschützer vor einem Jahr protestierten, zu verbessern. Genau dafür hat sich Greenpeace stark gemacht! Greenpeace kritisierte den Notfallplan für Ölunfälle nachdrücklich als total ungenügend.
Im Falle einer Ölkatastrophe waren «15 Schaufeln und 15 Eimer» vorgesehen um die möglicherweise kilometerlangen verschmutzten Küstenabschnitte zu reinigen. Nun werden je 69 Schaufeln und Eimer zur Verfügung gestellt und zwei stand-by Schiffe gekauft, um in einem Notfall zum Einsatz zu kommen. Das ist natürlich weiterhin völlig ungenügend. Mehr Schiffe und Eimer werden eine Ölkatastrophe in der Arktis nicht verhindern können. In diesem fragilen Ökosystem nach Öl zu bohren ist ein unberechenbares Risiko! Dennoch werten wir diese kleinen Verbesserungen als positives Zeichen vom sonst vor Warnungen oftmals sturen Konzern Gazprom.
4. Das Ministerium für Umwelt hat endlich erkannt, dass Ölunfälle in Russland ein riesen Problem sind. Es hat angekündigt neue Technologien zu verwenden, um die Situation zu verbessern.
Offiziellen Berichten zufolge passieren in Russland durch gebrochene Öl-Pipelines jährlich über 10.000 Öl-Unfälle. Expertinnen und Experten schätzen, dass so bis zu 5 Millionen Tonnen Rohöl in die Umwelt gelangen. Seit vielen Jahren weigerten sich die russischen Behörden das Problem zu erkennen und zu dagegen vorzugehen. Dieses Jahr hat jedoch der Minister für natürliche Ressourcen zugegeben, dass der Staat keine verlässlichen Informationen über Ölunfälle und den dadurch verursachten Umweltschaden hat. Zudem hat die Umweltbehörde angekündigt, die Situation zu verbessern, indem vermehrt Daten mit modernen Technologien wie z.B. Satelliten-Monitoring erfasst werden sollen.
5. Nachdem Greenpeace Russland jahrelang Druck gemacht hat, hat das Ministerium für natürliche Ressourcen nun zugestimmt, dass es nicht richtig ist, Lizenzen für Ölbohrungen in russischen Naturschutzgebieten an Ölkonzerne wie Rosneft und ExxonMobil zu vergeben. Jegliche industrielle Aktivität innerhalb der geschützten Gebiete ist nach russischem Recht illegal.
Nun muss das Ministerium bis Ende 2014 die Grenzen der Lizenzen anpassen, welche mit den Grenzen der Naturschutzgebiete im arktischen Nationalpark (Franz-Joseph Land-Reservat und andere Gebiete) überlappen.
6. Greenpeace Russland hatte aufgezeigt, dass nach den geltenden russischen Bestimmungen eine Offshore-Ölplattform wie die Prirazlomnaya während zwei Jahren in der Arktis Öl fördern darf, ohne spezielle Ausbildung der Arbeiter und Entwicklung von Massnahmen zur Verhinderung eines Ölunfalls. Jetzt hat das Ministerium für Notfälle Reformen entworfen, welche die absurde rechtliche Situation ändern sollen.
Diese kleinen positiven Veränderungen sind zumindest teilweise dem gewaltfreien Protest der Arctic 30 auf der Prirazlomnaya im September 2013 und ihren Unterstützerinnen und Unterstützern zu verdanken. Auch die andauernde weltweite Kampagne zum Schutz der Arktis hat massgeblich zu diesen wichtigen Veränderungen beigetragen, indem sie die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf die Risiken von Ölbohrungen in einem so sensiblen Ökosystem unter derart extremen Bedingungen gelenkt hat.
Im Dezember letzten Jahres hat die Prirazlomnaya-Bohrplattform als erste und einzige Plattform damit begonnen, in der Arktis offshore nach Öl zu bohren. Dieses gefährliche Projekt beweist, wie gerechtfertigt unsere Warnungen waren. Sie zeigt zudem auf, dass der Preis den die Umwelt dafür zahlen muss, viel zu hoch ist und sich das Experiment auch wirtschaftlich nicht lohnt. Ein einziger Tanker mit qualitativ tiefwertigem arktischen Öl ist das einzige, was dieses rostige Monster nach sieben Monaten Produktionszeit aus der Arktis exportieren konnte.
Interessanter Fakt:
Russland benötigt kein Öl von Arktis-Offshore Bohrungen, wenn Ölunfälle an Land gestoppt werden und auf Energie-Effizienz gesetzt wird.
Es ist sehr gut möglich, dass Gazprom den Kampf gegen die extremen Bedingungen in der Arktis verlieren wird, so wie Cairn Energy in Grönland und Shell in Alaska vorerst aufgeben mussten. Wir werden weiterhin unser bestes tun, damit die Welt versteht, dass Gazprom kein Vorreiter im technischen Fortschritt, sondern nur Vorreiter in der Umweltzerstörung und Missachtung von Risiken und Misswirtschaft ist. Ölbohrungen in der Arktis sind reiner Wahnsinn. Das Ökosystem wird für Öl aus’s Spiel gesetzt, dass wir wegen dem Klimawandel ohnehin nicht mehr verbrennen dürfen. Das dürfen wir nicht zulassen!
Hilf uns die Arktis zu schützen!