Ein gefährlicher Schritt mit schwerwiegenden Konsequenzen: Norwegen will mit Tiefseebergbau in eigenen Gewässern beginnen – das betrifft auch die Arktis. Die norwegische Regierung hat kürzlich Pläne vorgelegt, ein Gebiet von der Grösse Grossbritanniens zwischen Svalbard und der Insel Jan Mayen für den Tiefseebergbau zu erschliessen. Damit ist Norwegen das erste Land der Welt, das die Tiefsee radikal ausbeuten will. Und das ohne Rücksicht auf die fast unerforschten Ökosysteme des Meeresbodens. Eine gefährliche Entwicklung, die nicht nur Folgen für die Tiefsee in Norwegens Gewässern haben könnte.
Grünes Licht für schonungslose Ausbeutung der Tiefsee
Die norwegische Regierung hatte bereits im Dezember 2023 im Parlament die Mehrheit für ihre Tiefseebergbau-Pläne erhalten, der Beschluss folgte am 9. Januar durch die formelle Abstimmung. Die Tatsache, dass Norwegen mit diesen Plänen weiter vorangeht als jedes andere Land, könnte politische Wellen auf nationaler und internationaler Ebene schlagen. Grosse Unternehmen wie Equinor und Aker BP könnten sich dem Bergbau anschliessen, wenn die Branche 2024 einen reibungslosen Start hinlegt. Die Entscheidung Norwegens könnte somit einen Dominoeffekt auslösen und den Druck auf die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) seitens anderer Länder, die in internationalen Gewässern Tiefseebergbau betreiben wollen, erheblich erhöhen. Das könnte den Ausbau dieser umstrittenen Industrie unkontrolliert beschleunigen.
Besonders beunruhigend ist, dass der Ressourcenabbau ohne allgemeine Umweltverträglichkeitsprüfung stattfinden soll. Ausserdem werden weder zusätzliche Mittel zur Sicherung der Umweltforschung noch zur Überwachung der Industrie bereitgestellt. Das lässt befürchten, dass die Industrieaktivitäten unter dem Radar bleiben. Was es noch schlimmer macht: Es gibt bisher keine Regularien, die festlegen, wie die Industrie am Meeresboden abbauen darf. Demnach können die Unternehmen den Meeresboden schonungslos ausbeuten – ohne jegliche Kontrolle oder Konsequenzen.
Iris Menn, Meeresbiologin und Geschäftsleiterin Greenpeace Schweiz ist besorgt: «Norwegens Pläne sind hochgefährlich, weil sie auch in anderen Ländern Begehrlichkeiten wecken können. Noch sind internationale Gewässer vom Start des Tiefseebergbaus verschont. Angesichts dieses fatalen Entscheids sind die ISA-Staaten stärker denn je gefordert, sich für ein internationales Moratorium einzusetzen. Dazu zählt auch die Schweiz.»
Welche Ressourcen will Norwegen in der Tiefsee abbauen?
Norwegen will in den arktischen Gewässern Kobaltkrusten abbauen. Riesige Maschinen fräsen dabei die oberste Schicht des Meeresbodens und zerstören alles, was auf dem Meeresboden lebt, unwiderruflich. Die Tiefseebergbauindustrie soll es ausserdem auf Schwarze Raucher abgesehen haben: Das sind Quellen am Meeresboden, die heisses Wasser ausspucken und dabei einen Cocktail aus verschiedenen chemischen Elementen enthalten. Besonders viel Schwefel und Eisen, aber auch Kupfer, Zink und andere Mineralien werden dabei freigesetzt. Diese Mineralien häufen sich an und bilden Schornsteine, die sogar bis zu zehn Meter hoch werden können. Die Schwarzen Raucher geben vielen Arten ein Zuhause, beispielsweise Krebsen, aber auch vielen Mikroorganismen, die ganz unten in der Nahrungskette stehen.
Warum darf Norwegen mit Tiefseebergbau starten?
Eigentlich ist es die Aufgabe der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA), die Aktivitäten rund um den Tiefseebergbau zu überwachen, zu verwalten und zu regulieren. Das gilt aber ausschliesslich für internationale Gewässer. Doch wie viele weitere Länder hat auch Norwegen eigene, so genannte Territorialgewässer und eine ausschliessliche Wirtschaftszone (AWZ) gemäss dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen. Innerhalb beider Bereiche hat Norwegen das alleinige Recht, Gesetze bezüglich Navigation, Umwelt und Ressourcennutzung zu erlassen. In der ausschliesslichen Wirtschaftszone darf Norwegen exklusiv natürliche Ressourcen nutzen wie zum Beispiel Fischgründe, Öl- und Gasvorkommen – oder eben Rohstoffe in der Tiefsee. Von diesem Recht macht Norwegens Regierung nun Gebrauch.
Wir können internationale Gewässer noch schützen!
Noch können wir die Tiefsee in internationalen Gewässern schützen – denn die Verhandlungen der ISA-Staaten darüber, ob Tiefseebergbau dort stattfinden darf, laufen noch bis 2025. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um den Start des Tiefseebergbaus zu verhindern und die aufstrebende Tiefseebergbauindustrie in ihre Schranken zu weisen. Es besteht die Gefahr, dass weitere ISA-Staaten sich von den zerstörerischen Plänen Norwegens unter Druck setzen lassen – das wollen wir verhindern. Wir haben jetzt die einmalige Möglichkeit, einen fast unberührten Lebensraum zu schützen, bevor die Industrie ihn unwiderruflich schädigt. Mit unserer Petition fordern wir von allen ISA-Staaten sich für ein Moratorium für Tiefseebergbau einzusetzen .
Fordere die führenden Politiker:innen dazu auf, neue Meeresschutzgebiete zu schaffen und unseren blauen Planeten zu schützen.
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