Weihnachten naht und die Detailhändler überbieten sich mit Aktionen für zahlreiche Produkte. Wir haben während drei Monaten Rabattaktionen auf Fischprodukte bei Coop und Migros untersucht: Die Detailhändler locken mit grossen Preisnachlässen auf mitunter problematische Produkte wie Lachs. Sie kurbeln damit den Fischkonsum an – auf Kosten unseres Planeten und der Tiere.
Während drei Monaten haben wir die Fisch-Aktionen bei Migros und Coop untersucht. Die Recherche zeigt: Atlantischer Lachs aus Aquakulturen gehört in beiden Unternehmen zu den Top 3 der am stärksten preisreduzierten Produkte. Die Rabatte liegen zwischen 41 und 50 Prozent. «Die Detailhändler verschleudern Fisch zum Spottpreis», sagt Barbara Wegmann, Konsum-Expertin bei Greenpeace Schweiz, «so bietet Coop eine 50-prozentige Preisreduktion auf frische Lachstranchen an. Diese kosten dann mit 2.17 Franken pro 100 Gramm weniger als eine Kugel Glace.»
Coop und Migros haben beide Nachhaltigkeitsziele für Fisch und Meeresfrüchte, die für Fisch aus Wildfang und aus Aquakulturen gelten. Sie versprechen Transparenz und ein nachhaltiges Sortiment. Aber: 90 Prozent der kommerziell genutzten Fischpopulationen sind überfischt oder am Rande der Überfischung. Die industrielle Aquakultur verschärft das Problem in den Meeren. Die einzig konsequente Handlung im Sinne der Nachhaltigkeit ist darum, weniger Fisch anzubieten.
Stattdessen locken Migros und Coop mit enormen Preisreduktionen auf Fisch und kurbeln den Konsum massiv an. Über 45 Prozent ihres Umsatzes mit Fischprodukten erzielen die Detailhändler mit Promotionen – das ist der höchste Umsatzanteil mit Aktionen im Lebensmittelbereich. «Ohne solche Aktionen läge der Konsum von Fischprodukten einiges tiefer. Migros und Coop richten mit ihrer Marketingpolitik grossen Schaden an Fischen und ihrem Lebensraum an», sagt Barbara Wegmann, «wir erwarten, dass die Detailhändler mit ihren Nachhaltigkeitsversprechen Umweltschutz bewirken. Fisch aus zertifizierten Zuchten genügt dafür nicht. Vielmehr müssten Coop und Migros ihr Fischsortiment reduzieren. Denn wir alle brauchen intakte Meere, um zu überleben.»
Zertifizierungen als Greenwashing-Instrument
9 Kilogramm Fisch und Krustentiere essen Schweizer:innen pro Kopf und Jahr gemäss dem Bundesamt für Landwirtschaft. Lachs landet dabei seit Jahren am häufigsten auf den Tellern. Heute werden gemäss der Welternährungsorganisation FAO weltweit 2.72 Mio. Tonnen Atlantischer Lachs (Salmo salar) produziert. 1983 waren es noch 20’000 Tonnen. In den letzten 40 Jahren ist die Produktion also um das 136-fache gestiegen. «Diese Aquakultur-Zuchten sind nichts anderes als Massentierhaltung im Meer. Sie schaden der Umwelt und den Tieren massiv», sagt Barbara Wegmann, Konsum-Expertin bei Greenpeace Schweiz.
Nachhaltigkeits-Zertifizierungen von Aquakulturen versuchen, die negativen Auswirkungen zu beschränken, sind aber selbst nicht unproblematisch. Eine aktuelle Studie, die Lachsfarmen in Schottland untersuchte, zeigt, dass zertifizierte Lachsfarmen Pestizide einsetzen, die Lachse unter katastrophalen Bedingungen leben und massenhaft Lachse aus der Zucht ausbrechen. Betriebe, die gegen die Standards des Nachhaltigkeitslabels verstossen, dürfen die Zertifizierung gemäss der Studie dennoch behalten – ein klares Zeichen für Greenwashing.
Die Lachsfarmen schaden auch der wildlebenden Population des Atlantischen Lachs: Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat diesen 2023 auf der roten Liste der gefährdeten Arten als «potenziell gefährdet» eingestuft. Eine der relevanten Bedrohungen ist die Übertragung der Lachslaus von ausgebrochenen Zuchttieren auf die Wildlachs-Populationen.
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