Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA verharmlost die katastrophalen Folgen des AKW-Unglücks in Fukushima massiv. Das hat Greenpeace bei der Analyse eines noch unveröffentlichten Berichts der IAEA festgestellt.
Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA verharmlost die katastrophalen Folgen des AKW-Unglücks in Fukushima massiv. Das hat Greenpeace bei der Analyse eines noch unveröffentlichten Berichts der IAEA festgestellt.
Flucht vor dem Super-Gau: Mädchen in einer Notunterkunft nach der Katastrophe 2011 © Christian Åslund / Greenpeace
Lückenhaft und irreführend ist der Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zur AKW-Katastrophe in Fukushima vor vier Jahren. Greenpeace liegt ein Entwurf des Berichts vor, der im September vorgestellt werden soll. Darin bleibt die IAEA in ihren Schlussfolgerungen häufig zu vage oder sogar widersprüchlich. So stellt sie in ihrem Bericht beispielsweise fest, dass das wahre Ausmass der aus den havarierten Atomkraftwerken freigesetzten Strahlendosis noch gar nicht bekannt sei. Andererseits erwartet die Behörde jedoch keinerlei erkennbare Gesundheitsfolgen. Etwaige Auswirkungen auf die Tiere lässt die IAEA zudem ausser Acht. Diese wurden allerdings von Wissenschaftlern bereits bestätigt.
Auch bei der Ursachenforschung der Atomkatastrophe ist der Report lückenhaft und irreführend. Nicht entsprechend berücksichtigt werden die Auswirkungen des gewaltigen Erdbebens der Stärke 9,0 auf der Richterskala, das die Fukushima-Region am 11. März 2011 erschütterte. Bestenfalls oberflächlich geht die IAEA auf die aktuelle Atomaufsicht in Japan ein. Noch schwerer wiegt jedoch ein weiterer grosser Fehler: Der Bericht wurde ohne ordnungsgemässe Anhörung der am stärksten von dem Unfall Betroffenen erstellt – den Menschen in Fukushima.
«Mythos einer sicheren Atomenergie»
Das Fazit: Der IAEA-Report verfehlt die vollmundige Ankündigung des Generaldirektors der Behörde, der eine «wegweisende, sachliche und ausgewogene Bewertung» versprach. Greenpeace hat seine Analyse deshalb an die IAEA geschickt und fordert eine komplette Überarbeitung des Reports der Realität und den wissenschaftlichen Untersuchungen entsprechend.
«Die IAEA sucht verzweifelt nach einer Zukunft für die Atomkraft – nicht zuletzt in Japan», sagte Shaun Burnie, Greenpeace-Experte für Atomenergie. Deshalb wolle sie das Vertrauen der Öffentlichkeit in nukleare Sicherheit und Regulierung wiederherstellen. «Dieser Bericht ist Teil ihrer Strategie, die Auswirkungen des Unfalls kleinzureden», so Burnie. «Die IAEA versuchte Gleiches in den Jahrzehnten nach Tschernobyl und spielt nun mit Fukushima das gleiche Spiel. Sie zeichnet den Mythos einer sicheren Atomkraft. Das ist gefährlich und wird nicht funktionieren.»
Nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl im Jahr 1986 spielte die IAEA eine entscheidende Rolle bei dem Versuch, Gesundheits- und Umweltfolgen der Nuklearkatastrophe herunterzuspielen. Gleichzeitig liess die Behörde die Welt glauben, neue globale Sicherheitsstandards brächten mehr atomare Verlässlichkeit. Die Realität der Tschernobyl-Katastrophe sieht jedoch anders aus: Bis zum heutigen Tag leiden Tausende Menschen an den Folgen des Super-GAU; der nukleare Fallout erfordert an vielen Orten noch immer umfangreiche Schutzmassnahmen für die Menschen. Nach Tschernobyl haben IAEA und nationale Atomaufsichten es versäumt, entsprechend aus der Katastrophe zu lernen. Eine Folge war der katastrophale Atomunfall in Fukushima-Daiichi im März vor vier Jahren.