Mit extrem lauten Schallkanonen wollen die Ölkonzerne in der nächsten Zeit vor Grönland herausfinden, wo in der Arktis sich Ölbohrungen lohnen könnten. Für die Tiere ist diese Dauerbelärmung eine Qual. Viele Wale tragen zum Teil irreparable Schäden davon.
Mit extrem lauten Schallkanonen wollen die Ölkonzerne in der nächsten Zeit vor Grönland herausfinden, wo in der Arktis sich Ölbohrungen lohnen könnten. Für die Tiere ist diese Dauerbelärmung eine Qual. Viele Wale tragen zum Teil irreparable Schäden davon.
Flötenklänge sorgen für eine Begegnung mit einem Delfin. Meeressäuger reagieren hochsensibel auf Töne und vor allem auf Unterwasserlärm.
© Greenpeace / Rex Weyler
Thor, Donnergott der nordischen Mythologie, führte stehts einen Hammer mit sich. Dass es in den nächsten Wochen im hohen Norden sehr laut werden wird, ist allerdings nicht sein Werk. Es ist ein Frevel: Im Dienste der globalen Ölindustrie führt das norwegische Unternehmen TGS NOPEC vor Grönland im fünften Jahr in Folge seismische Tests durch. Auf Vermessungslinien von insgesamt 7000 Kilometer feuert es mit Schallkanonen in 10-Sekunden-Intervallen täglich 24 Stunden mit einem Druckpegel von 259 Dezibel ins Meer. Die Schallwellen reisen bis zu 10 km unter dem Meeresboden und reflektieren den Meeresgrund. Die Daten helfen den Ölkonzernen, Gebiete für lukrative Bohrungen zu identifizieren. Ob Thor das gutgeheissen hätte? Für die Tierwelt in diesem Gebiet ist der Lärm jedenfalls absolut verheerend und im wahrsten Sinne ohrenbetäubend.
Extreme Lautstärken und lärmempfindliche Tiere
Zum Vergleich der Lautstärke: Die 259 Dezibel entsprechen etwa 197,5 Dezibel in der Luft. Das ist acht Mal höher als der Ton eines Flugzeugtriebwerks in 50 Meter Distanz. Die menschliche Schmerzgrenze ist bei 125 Dezibel erreicht, bei 140 Dezibel kann es zu einem Knalltrauma kommen. Es ist daher nicht erstaunlich, dass die Tiere in dem nun untersuchten Gebiet etliche gesundheitliche Schäden davon tragen.
Es gibt keine Langzeituntersuchungen der genauen Auswirkungen auf die Tierwelt. Durch die arktischen Gewässer ziehen insbesondere viele Wale und andere Meeressäugetiere: zum Beispiel die Einhörner der Meere, die Narwale, aber auch der vom Aussterben bedrohten Gröndlandwale und Walrösser. Alles Tiere, die überaus empfindlich auf Lärm reagieren. Dr. Oliver Boisseau, leitender Wissenschaftler am Marine Conservation Research in England, sagt dazu: «Es ist klar, dass der Lärm seismischer Aktivität negative Auswirkungen auf Wale hat. Es kann ihr Gehör schädigen, ihre Fähigkeit zu kommunizieren unterbinden oder ihr Tauch-, Fütterungs- und Migrationsmuster stören.»
Ein Zusammenhang zwischen Walstrandungen und von Menschen verursachtem Lärm ist für eine ganze Reihe von Walspezies dokumentiert, vor allem für Buckelwale, Zwergwale und Schnabelwale. Bis heute gibt es noch keine Belege für Strandungen arktischer Wale, entweder weil dies noch nicht vorkam oder weil bisher niemand darüber berichtet hat, aufgrund der Entlegenheit der Region oder der extrem geringen Bevölkerungsdichte.
Ein Greenpeace-Schiff ist derzeit auf dem Weg in die Gegend, um die gefährlichen seismischen Aktivitäten zu dokumentieren. Sune Scheller, dänischer Greenpeace-Mediensprecher an Bord des Eisbrechers Arctic Sunrise, sagt: «Diese Schallwellen in den eisigen Gewässern ist eine von vielen umweltzerstörenden Aktivitäten der Ölkonzerne. Sie wollen, dass die Welt davon nichts erfährt. Und sie ignorieren die Gefahr für die Wale und andere Meerestiere. Wir sind hier, um diesen Wahnsinn zu entlarven und Zeugnis abzulegen von ihren gefährlichen Machenschaften.»
Arktis muss geschützt werden
An kaum einem anderen Ort der Welt ist der Klimawandel deutlicher sichtbar als in der Arktis. Über 75 Prozent des arktischen Meereises ist in den letzten 30 Jahren verschwunden. Doch wir alle brauchen eine intakte Arktis. Sie reflektiert die Sonnenstrahlen ins All und kühlt unseren Planeten. Sie bestimmt das globale Wettersystem mit und ermöglicht weltweit stabile Ernten. Und sie ist eines der letzten intakten Ökosysteme der Welt und bietet indigenen Völkern und seltenen Tierarten ein Zuhause.
Die Ölindustrie will aus dem Verschwinden der Eismassen, das sie verursacht, Profit schlagen – das Wettrennen um das Öl unter der Arktis hat begonnen. Unter dem arktischen Eis werden rund 90 Milliarden Barrel Öl (1 Barrel = 159 Liter) vermutet. Diese Menge deckt den weltweiten Ölbedarf gerade einmal drei Jahre. Zudem sind die Lager der Ölkonzerne schon jetzt übervoll und ein Verbrauch der Reserven mit dem Ziel zur Klimaerwärmung nicht zu vereinbaren.
Der russische Konzern Gazprom bohrt bereits in der Arktis. Shell will trotz einer Pannenserie demnächst in Alaska damit beginnen. Es ist unmöglich, dauerhaft sicher in der Arktis Öl und Gas zu fördern. Eiskaltes Wasser, Eisberge und extremes Wetter erschweren die Bohrbedingungen und erhöhen das Risiko. Bis zu einem Unfall ist es nur eine Frage der Zeit. Jeder Ölunfall in der Arktis wäre eine unermessliche Katastrophe in diesem empfindlichen Lebensraum. Die Beseitigung von ausgelaufenem Öl ist unter den arktischen Bedingungen praktisch unmöglich. Eine Ölpest würde das einzigartige Ökosystem und das Leben der Menschen dort völlig zerstören. In der Antarktis konnten wir den Abbau von Bodenschätzen gemeinsam mit anderen Organisationen verhindern. Jetzt müssen wir den Nordpol schützen. Hilf uns. Werde ArktisschützerIn.
Ein Knall, acht Mal lauter als ein Düsentriebwerk. Alle zehn Sekunden. 24 Stunden am Tag. Sieben Tage die Woche. Dies mü…
Posted by Greenpeace Switzerland on Dienstag, 25. August 2015
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