Seit über einer Woche brennt in der niederländischen Nordsee der Frachter Fremantle Highway. Es droht eine ökologische Katastrophe für das Wattenmeer. 

Feuer auf der «Fremantle Highway»

Ein Frachtschiff, das rund 3800 Autos geladen hat, brennt seit der Nacht auf den 26. Juli in der Nordsee. Bislang ist der Brand nicht vollständig gelöscht – eine der Schwierigkeiten besteht darin, dass Löschwasser das Schiff zum Kentern bringen könnte. Das darf auf keinen Fall passieren: Sinkt die Fremantle Highway – und verliert dabei ihren Treibstoff – droht eine Umweltkatastrophe, die auch die deutschen Nordseeinseln träfe.

Am Freitag nach Ausbruch des Brandes konnten Bergungsexpert:innen erstmals das Schiff betreten. Die Feuer brennen mittlerweile weniger intensiv, die Temperatur auf dem Frachter ist deutlich gesunken. Am Sonntagabend konnte die Fremantle Highway schliesslich abgeschleppt werden: Sie liegt nach mehreren Stunden Fahrzeit seit Montagmittag an ihrem vorläufigen Ankerplatz weiter östlich, 16 Kilometer nördlich der Insel Schiermonnikoog. Nach Informationen des NDR wird das Schiff derzeit von zwei Schleppern an Position gehalten: In der Nacht auf Mittwoch, den 2. August, haben niederländische Behörden die deutsche Seite darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Ankerkette der Fremantle Highway gerissen sei, zwischenzeitlich trieb das Schiff in Richtung deutscher Hoheitsgewässer. Die Lage sei aber wieder unter Kontrolle. 

Ein Kentern, Sinken oder Auseinanderbrechen des Frachters kann nach wie vor nicht ausgeschlossen werden. «Die generelle Strömungsrichtung in der Nordsee geht ostwärts», sagt Thilo Maack, Meeresbiologe bei Greenpeace Deutschland, und warnt vor den Folgen einer Havarie nahe der Nordseeinseln. «Ein solches Unglück würde demnach auch das deutsche Wattenmeer betreffen, das nicht von ungefähr UNESCO-Weltnaturerbe ist: Das ist ein weltweit einzigartiges Ökosystem.»

Im Unglücksfall drohen Verschmutzungen, die kaum beherrschbar wären: «Die Gezeiten würden für eine weiträumige Verteilung des Ölteppichs führen, was uns noch über Jahre hinweg beschäftigen würde», sagt Maack. Greenpeace war bis Sonntag mit einem Team vor Ort, um mögliche Verschmutzungen zu recherchieren.

Hunderttausende Tiere bedroht

Besonders besorgt ist Maack über den Zeitpunkt des Unglücks: «Wir haben dort derzeit etwa eine Million Eiderenten und Brandgänse, die flugunfähig sind, weil sie sich gerade mausern, das heisst, sie verlieren ihr Federkleid und bauen es neu auf. Für sie wäre eine Ölkatastrophe der sichere Tod.» Hinzu kämen Hunderttausende Watvögel aus der Arktis, die im Wattenmeer Rast machen auf dem Weg in ihre Winterquartiere. «Ein verheerender Ölunfall ist das Letzte, was wir gerade gebrauchen können in diesem katastrophalen Sommer, in dem Südeuropa aufgrund der Klimakrise unter einer beispiellosen Hitzewelle leidet.»

Die Fremantle Highway war in Bremerhaven gestartet und unterwegs nach Ägypten, als das Feuer ausbrach. Dem Bundesumweltministerium zufolge befinden sich 1600 Tonnen Schweröl sowie weitere 200 Tonnen Marinediesel an Bord, dazu kommen die Treibstoffmengen in den transportierten Autos. Die Ursache für das Feuer ist noch ungeklärt, die niederländische Küstenwache hat den Verdacht geäussert, ein E-Auto sei in Brand geraten. Das ist allerdings bislang eine unbestätigte Vermutung.

Was selbst vergleichsweise geringe Mengen Öl in der Umwelt anrichten, zeigte die Havarie des Frachtschiffs Pallas, das 1998 vor Amrum auf Grund lief. 244 Tonnen gebunkertes Öl gelangten dabei ins Meer und letztlich in ein Vogelschutzgebiet. Insgesamt fielen etwa 12’000 Seevögel, vor allem Eiderenten, sowie mehrere Dutzend Seehunde der Verschmutzung zum Opfer.

Was passiert mit dem Frachter im Hafen?

Noch ist nicht geklärt, wann die Fremantle Highway in einen Hafen gezogen werden kann, und welcher das sein wird. Dafür muss der Brand an Bord allerdings erst erloschen sein. Doch auch damit ist die Umweltbedrohung nicht aus der Welt geschafft. «Wenn ein brennender Frachter angelegt hat und man ihn gezielt löscht, braucht man Möglichkeiten, das Löschwasser abzupumpen, so dass es nicht ins allgemeine Hafenwasser gelangt», sagt Greenpeace-Chemieexperte Manfred Santen gegenüber tagesschau.de. «Man muss es reinigen können, sodass man die Schadstoffe abtrennen und getrennt entsorgen kann.»

Eine vernünftige Alternative dazu, den Frachter jetzt möglichst schnell in einen Hafen zu schleppen, gäbe es nicht. Nur dort kann eine zusätzliche Belastung für die Meere weitgehend ausgeschlossen werden. «Dazu braucht man idealerweise ein abschottbares Hafenbecken, grosse Pumpen, grosse Aktivkohle-Filter und das entsprechende Know-how von Sanierungsfirmen», so Santen. «Das ist im Hafen deutlich einfacher hinzukriegen, als auf offener See.»