Gemeinsame Medienmitteilung von KlimaSeniorinnen Schweiz und Greenpeace Schweiz

Zürich/Strassburg, 29. März 2023. Der heutige Tag hat das Potenzial, als Meilenstein in die Geschichte im weltweiten Kampf gegen die sich immer deutlicher abzeichnende Klimakatastrophe einzugehen: In diesen Minuten findet die öffentliche Verhandlung der Beschwerde der KlimaSeniorinnen und vier Einzelklägerinnen vor der Grossen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg statt. Es ist die erste Klimaklage, die der Gerichtshof verhandelt. Das Rechtsteam der KlimaSeniorinnen zeigt auf, dass die bisherigen und geplanten Massnahmen der Schweiz bei weitem nicht genügen, um ihren Beitrag zur Einhaltung des 1.5-Grad-Limits zu leisten.

Für die Verhandlung ist der Vorstand des Vereins KlimaSeniorinnen Schweiz in corpore nach Strassburg gereist – zusammen mit 45 Vereinsmitgliedern, 30 Unterstützer:innen, Einzelklägerinnen, Sympathisant:innen sowie Mitarbeitenden von Greenpeace. Die Umweltorganisation hat den Verein KlimaSeniorinnen Schweiz mit aufgebaut und unterstützt ihn seit Beginn mit finanziellen und personellen Ressourcen. 

Erstmals in seiner Geschichte setzt sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) inhaltlich in einem Verfahren mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Menschenrechte auseinander. Das Verfahren wird für die Schweiz und als Präzedenzfall für alle Staaten des Europarates klären, ob und inwieweit ein Land wie die Schweiz ihre Treibhausgasemissionen stärker reduzieren muss, um die Menschenrechte zu schützen.

«Wir sind zuversichtlich, dass wir mit diesem Fall Geschichte schreiben und die Schweiz zu mehr Klimaschutz bewegen können», sagt Anne Mahrer, Co-Präsidentin der KlimaSeniorinnen Schweiz. Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin der KlimaSeniorinnen Schweiz, fügt an: «Das Gericht hat erkannt, dass es dringend und wichtig ist, eine Antwort auf die Frage zu finden, ob Staaten die Menschenrechte von uns älteren Frauen verletzen, wenn sie die notwendigen Klimaschutzmassnahmen nicht ergreifen.» 

Die KlimaSeniorinnen und die Einzelklägerinnen klagen, weil ihr Recht auf Leben und Gesundheit durch die vom Klimawandel verursachten, immer häufigeren und intensiveren Hitzewellen bedroht ist. Ältere Frauen sind durch die Auswirkungen von Hitzewellen sehr stark gefährdet. Es gibt eine umfangreiche Evidenz dafür, dass sie einem erheblichen Risiko ausgesetzt sind, an den Folgen der Hitze zu sterben oder zu erkranken. 

Folglich muss die Schweiz ihre Schutzpflicht den älteren Frauen gegenüber wahrnehmen und den Klimaschutz verstärken. Doch bislang unternimmt das Land bei Weitem nicht genug, um die Klimaerwärmung auf maximal 1.5 Grad zu beschränken. 

Entsprechend klare Worte finden die Anwält:innen der KlimaSeniorinnen in ihrem Plädoyer vor den 17 Richter:innen: «Wir halten es angesichts der bisherigen Versäumnisse für unabdingbar, dass dieses Gericht, wie andere Gerichte es getan haben, die Schweiz anweist, die notwendigen Anpassungen zu ergreifen. Dazu gehören, wie gefordert, konkrete Emissionsreduktionen.»

Die Beschwerde der KlimaSeniorinnen ist eine von drei Klimaklagen (siehe EGMR-Faktenblatt), die derzeit vor der 17-köpfigen Grossen Kammer hängig sind. Die beiden anderen Klagen sind:

  • Carême vs. Frankreich (Nr. 7189/21): In diesem Fall geht es um die Beschwerde eines Einwohners und ehemaligen Bürgermeisters der Gemeinde Grande-Synthe, der geltend macht, dass Frankreich unzureichende Massnahmen zur Verhinderung des Klimawandels ergriffen hat und dass dieses Versäumnis eine Verletzung des Rechts auf Leben (Artikel 2 der Konvention) und des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 8 der Konvention) darstellt. Die öffentliche Anhörung zu diesem Fall findet heute Mittwoch ab 14:15 Uhr statt. 
  • Duarte Agostinho u. a./Portugal u. a. (Nr. 39371/20): In diesem Fall geht es um die umweltschädlichen Treibhausgasemissionen von 32 Staaten des Europarats, die nach Ansicht der Kläger:innen – portugiesische Staatsangehörige im Alter zwischen 10 und 23 Jahren – zur globalen Erwärmung beitragen, was unter anderem zu Hitzewellen führt, die die Lebensbedingungen und die Gesundheit der Kläger:innen beeinträchtigen. Die öffentliche Verhandlung dieses Falles, in dem die Schweiz mitangeklagt ist, ist für den Spätsommer geplant. 

Anzunehmen ist, dass die Grosse Kammer des EGMR basierend auf diesen drei Klimaklagen definiert, ob und inwieweit Staaten die Menschenrechte verletzen, wenn sie es versäumen, die Auswirkungen der Klimakrise im nötigen Umfang abzumildern – was weitreichende Folgen haben wird. Mit einem Urteil ist frühestens Ende Jahr zu rechnen.

Hinweis: Grad anschliessend an die Verhandlung am EGMR werden sich die KlimaSeniorinnen, ihre Unterstützer:innen, die anwesenden Einzelklägerinnen, das Rechtsteam sowie Vertreter:innen von Greenpeace im Pavillon Josephine, der sich in der Nähe des Gerichtshofs befindet, treffen. Medienschaffende sind eingeladen, ebenfalls in den Pavillon zu kommen. 


Fotos der KlimaSeniorinnen heute vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg sind in der Bilddatenbank von Greenpeace zu finden: https://media.greenpeace.org/Detail/27MZIFJLI4EZK (im Laufe des Tages werden weitere Bilder hinzugefügt)


Weitere Informationen

Medienmappe zur Beschwerde der KlimaSeniorinnen und der vier Einzelklägerinnen: Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch

Auf der Webseite der KlimaSeniorinnen sind alle relevanten Unterlagen aufgeschaltet, die von beiden Parteien sowie auch von Drittparteien der Grossen Kammer für das Verfahren eingereicht wurden: 


Kontakte 

Die unten aufgeführten Kontaktpersonen sind alle heute in Strassburg vor Ort und an der öffentlichen Verhandlung anwesend. Erreichbar ab 12:00 Uhr. 

Sollten Sie Ihre gewünschte Kontaktperson nicht direkt erreichen können, melden Sie sich ab 12:00 Uhr bei: Yvonne Anliker, Mediensprecherin Greenpeace Schweiz, +41 79 306 53 42, [email protected] (ebenfalls vor Ort). 

Deutsch

  • Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin des Vereins KlimaSeniorinnen,
    +41 79 567 67 73, [email protected]   
  • Cordelia Bähr, Leitende Rechtsanwältin der KlimaSeniorinnen, +41 78 801 70 34, [email protected]
  • Georg Klingler, Projektkoordinator und Klimaexperte Greenpeace Schweiz,
    +41 79 785 07 38, [email protected]   

Französisch

  • Anne Mahrer, Co-Présidente des Aînées pour la protection du climat,
    +41 79 249 72 17, [email protected]   
  • Raphaël Mahaim, Avocat au Barreau, +41 79 769 70 33, [email protected]  

ItalienischNorma Bargetzi, Anziane per la protezione del clima,
+41 79 352 98 89, [email protected]