Gemeinsame Medienmitteilung der Koalition «Lang leben unsere Produkte!»
Die Koalition «Lang leben unsere Produkte!», die sich für die Einführung einer ehrgeizigen Kreislaufwirtschaft in der Schweiz einsetzt, unterstützt den aktuellen Entwurf für die Revision des Umweltschutzgesetzes (USG) ausdrücklich. Die Europäische Union hat letzte Woche neue Massnahmen ergriffen und macht vorwärts – die Schweiz darf sich nicht abhängen lassen. Die 17 Mitgliedsorganisationen der Koalition empfehlen dem Nationalrat deshalb, den Text, der ihnen in den nächsten Wochen vorgelegt werden wird, zu verabschieden und einige der darin enthaltenen Vorschläge verbindlich zu machen. Die USG-Revision bietet eine einzigartige Chance, die Kreislaufwirtschaft zu stärken und so deren wirtschaftliche, ökologische und soziale Vorteile zu nutzen.
Gemäss des kürzlich erschienenen Circularity Gap Report ist die Schweizer Wirtschaft nur zu 6,9 Prozent kreislauffähig. Anders gesagt: Etwas mehr als 93 Prozent der in der Schweizer Wirtschaft verbrauchten Ressourcen stammen aus neu gewonnen natürlichen Ressourcen. Die Revision des USG (20.433) ist wesentlich, um eine rechtliche Basis zu schaffen für die Entwicklung einer echten Kreislaufwirtschaft in der Schweiz. Eine solche muss die Verlängerung der Lebensdauer von Alltagsprodukten fördern, um Ressourcen zu schonen. Das Teilen, das Wiederverwenden, die Reparatur, die Wiederaufbereitung und, in letzter Instanz, das Recycling müssen im Gesetz eine zentrale Position einnehmen. Der Vorentwurf, welcher die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-N) dem Parlament vorlegt, ist eine Chance, um in dieser Richtung voranzukommen. Diese darf nicht verpasst werden.
Wichtige Fortschritte im Revisionsentwurf
Die Koalition «Lang leben unsere Produkte!» – die 17 Wirtschafts-, Umwelt- und zivilgesellschaftliche Organisationen vereint (siehe Liste unten) – begrüsst die vorgeschlagenen Fortschritte, insbesondere die Bestimmungen (Artikel 35i), die es dem Bundesrat erlauben würden,
- Forderungen zu stellen an Produkte und Verpackungen, die auf den Markt kommen, in Bezug auf ihre Lebensdauer, der Verfügbarkeit von Ersatzteilen oder ihrer Reparierbarkeit;
- die Zulassung von Produkten und Verpackungen an Bedingungen zu knüpfen, die von ihrer Umweltbelastung oder der effizienten Verwendung von Ressourcen während ihres gesamten Lebenszyklus abhängen;
- zu verlangen, dass zukünftig Informationen öffentlich zur Verfügung gestellt werden, die es Menschen erlauben, informierte Kaufentscheidungen zu treffen, zum Beispiel in Form eines Reparierbarkeits-Index.
Der andere wichtige Fortschritt ist die gesetzliche Verankerung der Berücksichtigung von Umweltbelastungen während des gesamten Lebenszyklus von Produkten (Art. 10h Abs. 1). Dadurch ist endlich eine Abkehr vom Recycling als einziger Lösung möglich.
Die Schweiz hinkt hinterher und muss umso ehrgeiziger werden
Die Schweiz muss ihren Rückstand in Sachen Kreislaufwirtschaft dringendst aufholen. Der Entwurf für die USG-Revision würde die ersten notwendigen Schritte ermöglichen, aber im internationalen Vergleich fehlt es an Ehrgeiz: Die EU und einige ihrer Mitgliedstaaten wie Österreich mit dem Reparaturbonus, Frankreich mit dem Reparierbarkeits-Index oder auch die Niederlande und Finnland sind einen Schritt voraus. Dies insbesondere, weil die meisten von der UREK-N vorgeschlagenen Massnahmen nicht verbindlich sind. Damit es nicht bloss Absichtserklärungen bleiben, müssen diese fakultativen Bestimmungen in obligatorische Vorgaben umgewandelt werden.
Der Revisionsentwurf könnte verbessert werden, indem er sich verstärkt an Beispielen aus den Nachbarländern orientiert. So könnte er insbesondere:
- Verkäufer während der gesetzlichen Gewährleistungsfrist dazu verpflichten, eine Reparatur anzubieten, sofern diese nicht teurer ist als ein Ersatz, wie es die Europäische Kommission letzte Woche beschlossen hat;
- Ziele zur Reduktion des Ressourcenverbrauchs festlegen wie in Österreich;
- Gesetze erlassen zum Umgang mit unverkauften Waren und Retouren durch die Einführung einer Sorgfaltspflicht der Händler (duty of care), wie sie in Deutschland in Kraft ist;
- den Bundesrat damit beauftragen, durch Verpackungen verursachte Abfälle zu beschränken und die Wiederverwendung im grossen Stil zu fördern, dies basierend auf den Vorschlägen der Europäischen Kommission.
Während die Europäische Union und mehrere Nachbarländer öffentliche Richtlinien für eine ehrgeizige Kreislaufwirtschaft verabschiedet haben, bleibt der schweizerische Entwurf auf die Verwertung von Materialien und der Energie ausgerichtet. Auf Strategien zur Reduktion von Abfällen, zur Verlängerung der Lebensdauer der Produkte und auf ihre ökologische Gestaltung wird nicht genügend eingegangen. Deshalb befürworten die Mitglieder der Koalition «Lang leben unsere Produkte!» die Verabschiedung der USG-Revision – mit einigen Anpassungen, um deren Wirkung zu erhöhen. Diese Revision ist unerlässlich für die Wirtschaftswende hin zu mehr Nachhaltigkeit.
Die Koalition
Die im Oktober 2022 gegründete Koalition «Lang leben unsere Produkte!» setzt sich für eine Kreislaufwirtschaft in der Schweiz ein, die die Verschwendung von Ressourcen durch Ökodesign, Reparaturen und Wiederverwendung von Produkten reduziert. Sie setzt sich aus 17 Wirtschafts-, Umwelt- und zivilgesellschaftlichen Organisationen aus der ganzen Schweiz zusammen.
Die Mitgliederliste: Associazione consumatrici e consumatori della Svizzera italiana, APRÈS, Circular Economy Switzerland, Der Gewerbeverein, Fédération romande des consommateurs, Gemeinwohl Ökonomie, Greenpeace Schweiz, Impact Hub, Magasins du Monde, NoOPS.ch, Œuvre suisse d’entraide ouvrière, Pro Natura, sanu durabilitas, swisscleantech, Travail.Suisse, Verkehrs-Club der Schweiz und WWF Schweiz.
Kontakt
- Fédération romande des consommateurs, Sophie Michaud Gigon, [email protected] (FR/DE)
- Greenpeace Schweiz, Joëlle Hérin, [email protected] (FR/DE)
- sanu durabilitas, Nils Moussu, [email protected] (FR)
- NoOPS.ch, Thomas Putallaz, [email protected] (FR)