Die Schweiz braucht keine Atomkraft und fossilen Energien, um ihre Energieversorgung sicherzustellen und den Klimawandel einzudämmen. Sondern einen deutlich schnelleren Ausbau der Photovoltaik. Das zeigt eine neue Studie im Auftrag von Greenpeace Schweiz. Die Umweltorganisation fordert darum vom Parlament einen Solar-Sprint: Bei der anstehenden Revision des Energie- und des Stromversorgungsgesetzes muss der Ausbau der Solarenergie deutlich schneller vorangetrieben werden als vom Bundesrat vorgeschlagen.

In den nächsten Tagen diskutiert die Umweltkommission des Ständerates die Revision des Energie- und des Stromversorgungsgesetzes. Damit kann die kleine Kammer – noch vor dem neu aufgegleisten CO2-Gesetz – die Weichen für mehr Klimaschutz und eine verbesserte Stromversorgungssicherheit stellen. Greenpeace Schweiz fordert darum, dass im Energiegesetz das Ausbauziel für die Produktion von Elektrizität aus erneuerbaren Energien, ausser Wasserkraft, deutlich höher sein muss als vom Bundesrat vorgeschlagen. Konkret sollen bis 2035 mindestens 38 Terawattstunden (TWh) statt der vorgesehenen 17 TWh aus neuen erneuerbaren Energien – vornehmlich Photovoltaik – stammen. 

«Die Schweiz muss einen Solar-Sprint hinlegen. Ein stark beschleunigter Ausbau der Photovoltaik ist der Schlüssel für eine sichere und klimaverträgliche Energieversorgung. Hier haben wir enormen Nachholbedarf», sagt Georg Klingler, Energie- und Klimaexperte bei Greenpeace Schweiz. Mit einer verstärkten Nutzung der Sonne können die hohen CO2-Emissionen aus Verkehr, Gebäude und Industrie auf netto null gesenkt werden. Dafür braucht es weder neue Gaskraftwerke noch verlängerte Laufzeiten für die bestehenden Atomkraftwerke und schon gar keinen Ausbau der Atomenergie. 

Netto null bis 2035 – so kann die Schweiz die 1,5-Grad-Grenze noch einhalten 

Wie die Schweiz konkret ihren Teil zur Lösung der Klimakrise beitragen und die Stromversorgungssicherheit gewährleisten kann, zeigt das neue Gesamtenergieszenario für die Schweiz von Greenpeace Schweiz, das von Expert:innen der University of Technology in Sydney auf Basis des neuesten Wissensstandes des Weltklimarats IPCC erarbeitet wurde. Im Greenpeace-Energieszenario hält die Schweiz das CO2-Budget ein, das ihr ab 2020 noch zur Verfügung steht, um ihren Beitrag an eine maximale globale Erwärmung von 1,5 Grad zu leisten. Zudem werden die Atomrisiken minimiert, das letzte Atomkraftwerk der Schweiz wird im Jahr 2029 vom Netz genommen. Die Versorgungssicherheit ist zu jeder Zeit gewährleistet.  

Damit all diese Ziele erreicht werden können, muss bereits bis 2025 der Ausbau der Photovoltaik massiv beschleunigt werden. Im Endausbau wird die Photovoltaik gar mehr zur Energieversorgung beitragen als die Wasserkraft. So lassen sich bis 2030 die CO2-Emissionen des gesamten Energiesystems der Schweiz um 60% und bis 2035 um 90% im Vergleich zu 1990 senken, ohne dabei die Biodiversität zu gefährden. Die verbleibenden CO2-Emissionen können durch negative Emissionen, also durch die Entfernung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre, ausgeglichen werden, damit 2035 netto null CO2-Emissionen resultieren. Für Greenpeace stehen hier der dauerhafte Schutz und der Wiederaufbau von klimarelevanten Ökosystemen im Vordergrund. 

Mit Wasserkraft und Photovoltaik gegen ein Blackout 

Mit dem in der Studie angestrebten Strommix wird die Stromversorgung besser gegen allfällig Blackouts abgesichert als heute. Das unterstreichen die Analysen zur Stromnetzstabilität und die realitätsgetreue Modellierung der Stromversorgungssituation. Dabei wird deutlich: Je schneller der Ausbau der Photovoltaik erfolgt, desto früher können die seit Jahren auftretenden Stromversorgungsdefizite im Winter reduziert werden. «Die derzeitige Stromknappheit im Winter ist darauf zurückzuführen, dass die Schweiz bislang den Ausbau der erneuerbaren Energien verschlafen hat», sagt Klingler. Bei einem Vollausbau der Photovoltaik im Jahr 2050 besteht kein Winterdefizit mehr. Stattdessen entstehen massive Stromproduktionsüberschüsse im Sommer, die für die Herstellung von Wasserstoff und synthetischen Brenn- oder Treibstoffen gebraucht werden. Damit können schwer elektrifizierbare Anwendungen in der Industrie und im Verkehr mit klimafreundlicher Energie versorgt werden. «Die durch den Solarausbau anfallenden Sommerüberschüsse tragen ganz entscheidend dazu bei, dass die Dekarbonisierung gelingen kann», sagt Klingler. 

Greenpeace Schweiz geht von zusätzlichen Investitionen von rund 105 Milliarden Franken bis 2050 für eine atom- und CO2-freie Schweizer Energieversorgung aus. Diese Investitionen schaffen hierzulande Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Die Studie rechnet bis 2030 mit rund 30’000 neuen Arbeitsplätzen im Cleantech-Bereich. Der Umbau der Energieversorgung wird zudem dazu führen, dass Geld, welches heute für den Import von Erdöl und Erdgas in Länder wie Libyen, Kasachstan, Nigeria oder Russland abfliesst, in Zukunft in der Schweiz investiert wird.  


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