Die Beschwerde der KlimaSeniorinnen und vier Einzelklägerinnen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen die Schweiz erhält weit über die Landesgrenzen hinaus Aufmerksamkeit. So haben neun internationale und nationale Institutionen sowie Einzelpersonen als Drittbeteiligte eine Stellungnahme abgegeben. Die KlimaSeniorinnen reichten ihrerseits ihre Replik zur Antwort der Schweiz beim Gerichtshof ein. Darin entkräften ihre Rechtsanwält:innen die Argumente des Bundes. 

Am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist es möglich, ​​als Drittbeteiligte eine Stellungnahme zu einem bestimmten Verfahren abzugeben. Diese Interventionen sind wichtig, sie helfen dem Gericht in strittigen Fragen zu einem fundierten Urteil zu kommen. Im Falle der Klimaklage der KlimaSeniorinnen wurden neun Interventionen von internationalen und nationalen Institutionen sowie Einzelpersonen eingereicht (siehe Liste unten). 

Dabei haben die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet sowie drei UN-Sonderberichterstatter:innen (David R. Boyd, Marcos A. Orellana und Claudia Mahler) eine Stellungnahme verfasst. Ebenso liessen sich Schweizer Rechtsprofessorinnen und Klimawissenschaftler:innen verlauten. «Die Liste der Drittparteien ist beeindruckend und verdeutlicht die Relevanz unserer Beschwerde», sagt Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin der KlimaSeniorinnen. 

Schweiz muss zur Einhaltung des 1,5-Grad-Limits deutlich mehr beitragen

Dieser Tage haben die Rechtsanwält:innen der KlimaSeniorinnen zudem die Antwort auf die Stellungnahme der Schweiz beim EGMR eingereicht. Darin zeigen sie detailliert auf, dass die Argumente des Bundesamts für Justiz sowohl rechtlich fragwürdig als auch faktisch unvollständig und teilweise falsch sind.  

So behauptet die Schweiz, dass ihre Klimastrategie bis 2050 genüge, um die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad beschränken zu können, und verweist dabei lapidar auf die erforderliche Entwicklung der durchschnittlichen globalen Emissionen. Doch kürzlich erschienene Studien [1] bestätigen: Die Schweiz als Industrienation muss deutlich mehr tun als der globale Durchschnitt, damit die für die Wahrung der Menschenrechte wichtige 1,5-Grad-Limite nicht überschritten wird, unter anderem weil das Land die Kapazitäten dazu hat, übermässig hohe Konsumemissionen aufweist und in der Vergangenheit weit mehr CO2 pro Kopf ausgestossen hat als andere Länder. Doch die Schweiz hat es bislang versäumt, für die Festlegung eines fairen Klimaschutz-Niveaus nur schon entsprechende sorgfältige Überlegungen und Analysen anzustellen, geschweige denn, entsprechende Zielsetzungen zu treffen. Würden alle Länder ähnlich handeln wie die Schweiz, stiege die globale Durchschnittstemperatur auf verheerende 3 Grad. 

Soll die Schweiz tatsächlich ihren Beitrag dazu leisten, die Erderhitzung auf unter 1,5 Grad zu begrenzen, so kann sie sich nicht mit der bisher geplanten Halbierung der Emissionen bis 2030 zufriedengeben. Die Analysen zeigen, dass die Emissionen in der Summe bis 2030 deutlich unter null gebracht werden müssen – dafür braucht es stärkere Reduktionen im Inland und zusätzliche Massnahmen im Ausland. Dieser Beitrag im Sinne des 1,5-Grad-Limits ist nötig, um die Menschenrechte der Seniorinnen adäquat zu schützen. 

Nun haben beide Parteien Zeit, auf die Interventionen der Drittparteien zu reagieren. 


Die Drittinterventionen

Folgende internationale und nationale Institutionen sowie Einzelpersonen haben eine sogenannte «Third Party Intervention» beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im hängigen Verfahren Verein KlimaSeniorinnen Schweiz und andere gegen die Schweiz eingereicht: 

  • Altsean-Burma, Comisión Colombiana de Juristas (CCJ), Comité Ambiental en Defensa de la Vida (CADV), The European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), FIAN International, The Global Initiative for Economic, Social, and Cultural Rights (GIESCR), Human Rights Action (HRA), The international Human Rights Clinic at the University of Virginia School of Law, Layla Hugues, Minority Rights International (MRG), Observatori DESC (ESCR observatory), The Oficina para América Latina de la Coalición Internacional para el Hábitat (HIC-AL), The Women’s Legal Centre (WLC)
  • Global Justice Clinic (GJC), Climate Litigation Accelerator (CLX) and C. Voigt
  • Dr. David R. Boyd, Dr. Marcos A. Orellana, Dr. Claudia Mahler (United Nation Special Rapporteurs)
  • Mrs Michelle Bachelet, UN High Commissioner for Human Rights
  • Prof. Véronique Boillet and Evelyne Schmid (University of Lausanne)
  • The Swiss Section of the International Commission of Jurists (ICJ-CH) and The International Commission of Jurists (ICJ)
  • The Human Rights Centre at Ghent University
  • The European Network of National Human Rights Institutions (ENNHRI)
  • Prof. Dr. Sonia I. Seneviratne (Institute for Atmospheric and Climate Science (IAC)) and Prof. Dr. Andreas Fischlin (Institute of Biogeochemistry and Pollutant Dynamics (IBP)) 

Weitere Informationen


Bildmaterial

Bildmaterial zum Gang der KlimaSeniorinnen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte EGMR nach Strassburg finden Sie in der Mediendatenbank


Kontakte

Deutsch

  • Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin des Vereins KlimaSeniorinnen, 079 567 67 73, [email protected] 
  • Cordelia Bähr, Rechtsanwältin der KlimaSeniorinnen, 078 801 70 34, [email protected] 
  • Martin Looser, Rechtsanwalt der KlimaSeniorinnen, 079 481 76 88, [email protected] 
  • Georg Klingler, Klimaexperte Greenpeace Schweiz, 079 785 07 38, [email protected] 

Französisch

Italienisch


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