Ab morgen soll nach dem Willen des Europäischen Patentamtes (EPA) die Patentierung von Lebewesen möglich sein. Greenpeace-Aktivisten protestieren deshalb heute vor dem Europäischen Patentamt in München gegen die Erteilung von Patenten auf gentechnisch veränderte Tiere, Pflanzen und menschliche Gene und Zellen. Sie errichteten eine Wand mit Abbildungen verschiedener Pflanzen und Tiere, die mit den Namens-Etiketten grosser Gentechnik-Konzerne versehen sind und die Verwandlung der belebten Natur in einen Baukasten der Industrie darstellen. Über dem Haupteingang wurde ein Banner entrollt mit der Aufschrift «Genkonzerne: der Griff nach der Schöpfung! Kein Patent auf Leben!»
München. Wir stehen vor dem Ausverkauf des natürlichen Erbes aller Menschen an einige, wenige Industrieunternehmen, sagt Dr. Christoph Then, Gentechnik-Experte bei Greenpeace. «Die neuen Auslegungsbestimmungen des EPA stellen nicht nur einen Rechtsbruch dar, sondern bedeuten einen ethischen und moralischen Dammbruch, indem jede Art von Lebewesen ganz oder in Teilen zur verkäuflichen Ware wird.» Nach dem geltenden Europäischen Patentübereinkommen ist die Patentierung von Pflanzensorten und Tierarten verboten, da es sich nicht um Erfindungen im technischen Sinne handelt. Seit Jahren drängt die Gentech-Industrie, das Patentrecht auch auf im wesentlichen biologische Erfindungen, auf einzelne Gene und ihre Anwendung in der Tier- und Pflanzenzucht auszudehnen. Greenpeace hatte 1995 ein entscheidendes Einspruchsverfahren gegen ein Patent auf gentechnisch veränderte Pflanzen gewonnen. In Folge dieser Entscheidung stoppte das Amt die Patentierung von Pflanzen und Tieren. Seitdem warten etwa 700 Anträge auf pflanzliches und 500 Anträge auf tierisches Erbgut auf eine Patenterteilung und monatlich kommen etwa weitere 40 Anträge hinzu. Dazu kommen auch Anträge auf menschliche Gene. Für den Spätherbst wird eine Grundsatzentscheidung des obersten Gremiums des EPA, der «Grossen Beschwerdekammer» erwartet. Der Verwaltungsrat des EPA aber hatte diese Entscheidung nicht abwarten wollen. Er übernahm den Text der Europäischen Richtlinie «Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen», obwohl diese Richtlinie noch in keinem europäischen Mitgliedsland in nationales Recht umgesetzt wurde und ungeachtet der Tatsache, dass Klagen der Niederlande und Italiens gegen diese Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig sind. Sogar Experten beim EPA bezweifeln, dass mit dieser Richtlinie das Europäische Patentübereinkommen einfach uminterpretiert werden kann. «Durch Änderung der Auslegungsbestimmungen wird leichtfertig das Gemeinwohl aufs Spiel gesetzt», sagt Christoph Then. «Wir fordern den Präsidenten des EPA auf, sein Weisungsrecht wahrzunehmen und die Patentierung von Lebewesen sofort zu stoppen. Andernfalls müssen die Mitglieder der Grossen Beschwerdekammer einschreiten, wenn sie sich nicht selber zu Marionettenfiguren der Gentech-Industrie machen lassen wollen.»
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