Greenpeace begrüsst die heutige Eröffnung einer Solarfabrik durch den Mineralölkonzern Shell in Gelsenkirchen, bemängelt aber die zaghafte Investitionsbereitschaft des Unternehmens. «Die Solarfabrik ist eine wichtige und zukunftsorientierte Initiative von Shell», sagt Greenpeace-Solarexperte Sven Teske. «Doch spürbare Folgen für den Solarmarkt wird sie nicht haben, denn dazu hätte Shell deutlich mehr investieren müssen.» Die Anlage wird Solarzellen von zunächst 10 und später 25 Megawatt Gesamtleistung pro Jahr herstellen, die zunächst überwiegend ins Ausland exportiert werden.
Hamburg. Am noch sehr hohen Preis von Solarstrom wird die neue Fabrik vorerst nichts ändern. Dabei hätte Shell mit einem Bruchteil des Gewinns, den das Unternehmen im Öl- und Gasgeschäft macht, den Solarmarkt revolutionieren können. Wenn Shell nicht 10 bis 25, sondern 500 Megawatt Leistung finanziert hätte, hätte dies die Solarenergie weltweit auf einen Schlag wettbewerbsfähig gemacht, wie eine im September veröffentlichte Studie der renommierten Wirtschafts-Prüfungsgesellschaft KPMG im Auftrag von Greenpeace zeigt. Diesen Durchbruch für Solarstrom hätte Shell mit einer Investition von 960 Millionen Mark erreichen können. Die heute eingeweihte Fabrik kostet das Unternehmen rund 50 Millionen Mark, gerade einmal 0,57 Prozent des Gewinns, den die Shell-Gruppe in den ersten neun Monaten dieses Jahres gemacht hat. Die «Solarwende» hätte den Mutterkonzern 11 Prozent dieses Gewinns gekostet. Die Massenproduktion von Solarzellen hätte den hohen Preis für Solarstrom von derzeit 1,60 Mark pro Kilowattstunde auf rund 33 Pfennig reduziert. «Shell hätte mit 960 Millionen Mark den Solarmarkt sprichwörtlich auf den Kopf stellen können. Doch der Ölkonzern hat andere Prioritäten. In die Erschliessung neuer Öl- und Gasquellen hat Shell im vergangenen Jahr 3 Milliarden Mark gesteckt, fast 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Trotzdem, die Solarfabrik in Gelsenkirchen ist ein erster Schritt und besser als gar nichts», sagt Sven Teske. Greenpeace fordert Shell auf, auch in seinem Hauptgeschäft mehr Umweltbewusstsein zu zeigen. «Die Sonnenseite von Shell hat eine dunkle Kehrseite. Die Ölförderung auf See, die die Öffentlichkeit kaum zu sehen bekommt, hat verheerende Folgen für die Meere. In den Niederlanden halten Shell und Esso gegen die Mehrheit des Parlaments stur daran fest, die Gasvorkommen unter dem geschützten Wattenmeer auszubeuten. Das Engagement in regenerative Energien und die gleichzeitige Zerstörung von Umwelt und Klima durch fossile Brennstoffe passen einfach schlecht zusammen», so Sven Teske. Die Umweltorganisation appelliert auch an die Bundesregierung, die zukunftsweisende Solarenergie stärker als bisher zu fördern. Das 100.000 Dächerprogramm ist ein nur schwacher Anfang. Der Solarmarkt bewegt sich heute auf dem Niveau von 1997. Im ersten Entwurf von Bundeswirtschaftsminister Müller für das neue Stromeinspeise-Gesetz ist eine Vergütung von Solarstrom überhaupt nicht mehr vorgesehen. «Nur wenn die Vergütung von Solarstrom erhöht wird, kann er eine Chance im Wettbewerb haben», so Teske.