Greenpeace begrüsst die heute in Kiew bekannt gegebene Entscheidung der ukrainischen Regierung, den letzten laufenden Reaktorblock von Tschernobyl am 15. Dezember diesen Jahres endgültig stillzulegen. «14 Jahre nach der schlimmsten Atomkatastrophe der Geschichte wird die tickende Zeitbombe Tschernobyl nun endlich entschärft», sagt Veit Bürger, Greenpeace-Energieexperte. «Jetzt muss verhindert werden, dass die Ukraine das Katastrophen-Kraftwerk durch neue Atomreaktoren ersetzt.»

Hamburg. Als Ersatz für Tschernobyl beharren die ukrainische und westliche Regierungen wie die USA nach wie vor auf der Fertigstellung der beiden Atomkraftwerke Khmelnitzky-2 und Rowno-4 (K2R4). Die Gefahr des Versagens der Sicherheitshülle (Containment) und unzureichenden Erdbebenschutz sind bekannte Schwächen dieser Reaktoren sowjetischer Bauart vom Typ WWER-1000. Dass mit dem Bau von Gaskraftwerken und Investitionen in Energiesparmassnahmen in der Ukraine eine weitaus sicherere, umweltfreundlichere und wirtschaftlichere Energieversorgung aufgebaut werden kann, hatte Greenpeace bereits im letzten Jahr in einer Studie nachgewiesen. Die Stilllegung des Atomkraftwerks Tschernobyl hat für die Stromversorgung und die Wirtschaft der Ukraine nur geringe Folgen. In den vergangenen Jahren ereigneten sich häufig Störfälle, in deren Folge der Reaktor abgeschaltet werden musste. So lag 1999 der Anteil von Tschernobyl an der gesamten ukrainischen Stromerzeugung bei lediglich zwei Prozent. Das staatliche Betreiberunternehmen Energoatom deckte durch den Verkauf des Tschernobyl-Stroms im gleichen Jahr mit rund 5 Millionen US-Dollar lediglich 5% seiner Einnahmen. Schon im März diesen Jahres zeichnete sich ab, dass der Tschernobylreaktor aus technischen Gründen bald stillgelegt werde muss. Greenpeace hatte Dokumente der ukrainischen Atomaufsichtsbehörde NRA veröffentlicht, in denen es heisst, dass ein halbwegs sicherer Weiterbetrieb lediglich bis August diesen Jahres gewährleistet werden könne. «Jeder weitere Tag, an dem Tschernobyl Strom erzeugt, ist ein Experiment mit ungewissem Ausgang», so Veit Bürger. Der Grund für die angekündigte Stilllegung von Block 3, der sich im gleichen Gebäude wie der 1986 explodierte Block 4 befindet, liegt im sogenannten «gap closure» innerhalb des Reaktors. Durch den Beschuss mit Neutronen dehnt sich der Nuklear-Brennstoff in den Brennstoffröhren aus. Dadurch verengt sich ein für die Kernspaltung notwendiger Luftspalt zwischen dem Kernbrennstoff und dem ihn abschirmenden Grafitmantel im Reaktorkern. Schliesst sich der Luftspalt nur an wenigen Stellen, ist der Betrieb des Reaktors nicht mehr kontrollierbar.

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