Vier Wochen schippten sie in Sibirien Öl, das aus defekten Pipelines ausgelaufen war, jetzt sind sie wieder in Deutschland: Drei Greenpeace-Aktivisten berichten heute auf einer Pressekonferenz in der Hansestadt über ihren Einsatz gegen die Ölverschmutzung in Russland
Hamburg. Die Umweltschützer waren Teil eines 30-köpfigen, internationalen Greenpeace-Teams, das Anfang August ein Zeltlager mitten im Samotlor-Ölfeld nahe der russischen Ölarbeiterstadt Nizhnevartovsk errichtet hatte. Mit dieser ersten Greenpeace-Aktion im fernen Sibirien wollten sie auf die Ölverseuchung in den russischen Fördergebieten aufmerksam machen, aus denen 30 Prozent der deutschen Ölimporte stammen.50 Tonnen Öl schaufelten die Greenpeacer in fünf grosse Spezial-Tanks, die sie am Camp errichtet hatten. «Es stank den ganzen Tag nach Rohöl, ein beissender Geruch zwischen Tankstelle und verbranntem Autoreifen. Länger als sechs Stunden pro Tag haben wir gar nicht schippen können. Da kriegt man wahnsinnig Kopfschmerzen», beschreibt der 25-jährige Karsten Kriebitzsch aus Leipzig die mühsame Arbeit des Teams.Den Leipziger berührt der Anblick der Öl-Seen ganz besonders: In Leuna, nur eine Stunde von seiner Heimatstadt, endet die «Drushba»-Pipeline, die Öl aus den russischen Ölfeldern nach Deutschland transportiert. «Der Multi TotalFinaElf schert sich kein Stück um die katastrophalen Zustände am anderen Ende der Pipeline», sagt Kriebitzsch. «Auf Luftaufnahmen wirkt das dort wie eine Mondlandschaft in Öl. Wenn es hier in Deutschland auch nur auf der Fläche eines Fussballfeldes so aussehen würde wie dort in jedem Ölfördergebiet, wäre hier Katastrophenalarm und zwar zu Recht!» stellt Andreas Jade (25), ebenfalls Greenpeace-Aktivist aus Leipzig, fest. «Was wir da gemacht haben, das sollten sich eigentlich die russischen Firmen und ihre westlichen Abnehmer auf den Zettel nehmen vor allem TotalFinaElf.»Aktivistin Eva Strothotte (27) aus Kiel: «An einem Abend besuchte uns ein Rentner aus Nizhnevartovsk in zerrissener Kleidung mit fehlenden Zähnen. Er dankte uns dafür, dass wir dort angefangen haben, die Natur vom Öl zu befreien. Er sagte, er sei ein grosser Naturfreund und habe nie die Möglichkeit gehabt, etwas gegen die grossen Ölfirmen zu unternehmen. Am nächsten Morgen hatte er uns einen Strauss teurer importierter Blumen und eine riesige Tüte Himbeeren vor das Zelt gestellt. So motiviert wie an diesem Tag sind wir noch nie ans Schippen gegangen.»Greenpeace verschickt heute Probefläschchen mit russischem Rohöl an Bundeskanzler Schröder, Aussenminister Joschka Fischer, Umweltminister Jürgen Trittin und andere deutsche Politiker. Christian Bussau, Öl-Experte bei Greenpeace: «Wir fordern die Politiker auf, in bilateralen Gesprächen mit Russland die politischen Rahmenbedingungen für akzeptable Umweltstandards bei Förderung und Transport des Öls zu schaffen.»