Mit einer Kletteraktion an der deutsch-französischen Grenze setzt Greenpeace heute seine Proteste gegen die geplanten Atomtransporte von Deutschland nach Frankreich fort. Am Morgen haben sich sechs Greenpeace-Kletterer von einer Eisenbahnbrücke bei Strassburg abgeseilt und ein Transparent entrollt mit der Aufschrift: «Kein Gramm Atommüll mehr nach Frankreich!» Das Geländer der Brücke, die den Rhein in Kehl zwischen Deutschland und Frankreich überspannt, schmücken deutsche und französische Fahnen.
Kehl/Strassburg. Mit der Aktion, an der rund 50 Aktivisten teilnehmen, markiert Greenpeace einen Abschnitt der wahrscheinlichen Transportroute, über die die vollbeladenen Atommüllbehälter nach Frankreich fahren sollen. Noch in diesem Jahr sollen aus den Atomkraftwerken Biblis, Philippsburg und Stade 30 Tonnen Atommüll in die französische Wiederaufarbeitungsanlage La Hague transportiert werden.Greenpeace richtet sich mit dem Protest an die deutsche und die französische Regierung, die derzeit über die Atomtransporte verhandeln. Frankreich fordert als Bedingung für die Annahme neün Atommülls aus Deutschland, dass zunächst hochradioaktiver Restmüll aus wiederaufgearbeiteten Brennelementen nach Deutschland zurückgebracht wird.Veit Bürger, Energieexperte von Greenpeace: «Deutscher Atommüll verseucht das Meer und die Umgebung der Atomanlage von La Hague. Weil die Energieunternehmen nicht wissen wohin mit ihrem Atommüll, wird er in die Normandie gekarrt und in La Hague geparkt. Deutsch-französische Freundschaft sollte so aussehen, dass wir unseren strahlenden Müll nicht mehr nach Frankreich abschieben und den Wahnsinn der Wiederaufarbeitung endlich aufgeben!»Obwohl ein Verbot der Wiederaufarbeitung entschädigungsfrei möglich wäre, billigte die Bundesregierung den Stromkonzernen im Atomkonsens zu, noch weitere fünf Jahre Atommüll nach La Hague zu transportieren. Mit fatalen Folgen für Umwelt und Anwohner: Die Atomanlage pumpt jeden Tag rund 1,4 Millionen Liter radioaktiv belastete Abwässer in den Ärmelkanal, die Leukämierate in der Umgebung ist erhöht.Verantwortung trägt auch Cogema, der staatliche Betreiber der Atomanlage, der von den lukrativen Verträgen mit deutschen Atomkraftwerksbetreibern profitiert. Bei einer repräsentativen Umfrage, die das französische Meinungsforschungsinstitut Demoscopie im Auftrag von Greenpeace im Juni 2000 durchgeführt hatte, sprachen sich acht von zehn Franzosen dafür aus, das Einleiten radioaktiver Abfälle in das Meer zu verbieten.Mit der Aktion in Kehl startet Greenpeace zugleich eine Informations-Tour zu den drei Atomstandorten Stade, Biblis und Philippsburg. Gemeinsam mit betroffenen Bewohnern aus La Hague informiert die Umweltorganisation die Bevölkerung über die Zustände in und um die französische Atomfabrik.