Frankenstein-Visionen aus dem Gentech-Labor: Die ausstralische Firma Stem Cell Sciences und die mit Novartis kooperierende Biotransplant (USA) haben eine Chimäre – ein Wesen aus Schwein und Mensch – gezüchtet. Die Anmeldung für ein entsprechendes Patent liegt zur Zeit beim Europäischen Patentamt in München. Aus dem Antrag geht hervor, dass die Firmen Wesen hergestellt haben, die aus menschlichen Embryo- und schweinischen Eizellen bestehen. Die Alptraum-Schöpfung wuchs mindestens eine Woche lang im Labor. Das dicke Ende: Das Patent ist zulässig – sowohl nach der neuen EU-Richtlinie als auch nach dem Entwurf zum neuen Schweizer Patentgesetz, wie er auf dem Tisch des Bundesrates liegt.
Zürich/München. Greenpeace-Recherchen beim Europäischen Patentamt in München haben es an den Tag gebracht: Die australische Firma Stem Cell Sciences (SCS) und der US-Konzern Biotransplant, der mit Novartis durch einen Kooperationsvertrag verbunden ist, beantragen im Patentantrag WO 99/21415 Eigentumsrechte an menschlichen Embryonen, die gentechnisch verändert werden sollen. Dabei werden Zellkerne genmanipuliert und in neue Eizellen eingepflanzt. Auf Seite drei der Patentschrift ist nachzulesen, dass Embryonen jeglicher Art verwendet werden könnten – von Vögeln, Fischen, Reptilien, Säugetieren oder Menschen. Vorzugsweise stamme der Embryo jedoch «von einem Schwein, einem Rind, einer Maus oder einem Menschen». Damit wollen sich die Unternehmen ein möglichst breites Patent und hohe Lizenzgebühren sichern.Besonders brisant: Das Patent soll auch für Chimären gelten – Mischwesen aus Mensch und Tier. Aus dem Antrag geht hervor, dass die Firmen sogar bereits Chimären gezüchtet haben, indem sie Zellkerne von menschlichen Föten auf Eizellen von Schweinen übertrugen und die daraus entstandenen Embryonen eine Woche lang, bis zum Stadium eines 32-Zellen-Lebewesens, wachsen liessen. In der Patentschrift wurde kein Grund genannt, weshalb die Zwitter hergestellt wurden. Greenpeace-Experte Bruno Heinzer: «Ich vermute, die Versuche mit Menschschweinen wurden vor allem deswegen durchgeführt, um Einschränkungen bei der Forschung an menschlichen Lebewesen zu umgehen. Denn es ist unklar, ob eine solches Zwitterwesen rechtlich als Mensch oder als Tier gilt.»Mit solchen Patenten degradieren die Gentech-Konzerne Menschen und Tiere zur Versuchs- und Handelsware. Und die Rechnung der modernen Frankensteins könnte sogar aufgehen: Sowohl die neue EU-Richtlinie als auch der Entwurf zum neuen Schweizer Patentgesetz würden eine Erteilung des Patents erlauben. Patente wurden geschaffen, um technische Erfindungen zu schützen und finanziell abzusichern. Lebewesen sind jedoch keine Erfindungen, auch nicht, wenn sie genmanipuliert wurden. Greenpeace fordert, dass der Bundesrat ein entsprechendes Verbot im Patentgesetz-Entwurf verankert. Zudem muss die Gesetzgebung auch international so gefasst werden, dass weder Pflanzen, Tiere noch Menschen patentiert und dadurch zum Handelsgut von Gentech-Multis werden können.
Kontakt:
Bruno Heinzer, Greenpeace Genschutz-Kampagne: 079/400 88 31
Greenpeace Medienabteilung: 01 / 447 41 11
Eine Kopie des Patentantrags kann bei Greenpeace bezogen werden (ca. 100 Seiten)