Ein Kompromiss-Vorschlag verursacht mehr Treibhausgase statt weniger. Die Umweltorganisation Greenpeace ist schockiert über den Kompromissvorschlag des Konferenzvorsitzenden Jan Pronk, der seit gestern nacht bei den Klimaverhandlungen in Den Haag diskutiert wird. «Pronks Vorschlag ist ein Kniefall vor den amerikanischen Wirtschaftsinteressen. Wenn der Vorschlag so angenommen wird, werden die Emissionen von Treibhausgasen steigen statt zu sinken,» sagt Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid.
Hamburg/Den Haag. In dem Papier geht es im Wesentlichen um zwei Streitpunkte. Aufforstungsprojekte, in denen schnellwachsende Bäume als Kohlenstoffspeicher dienen sollen, werden nach dem Vorschlag uneingeschränkt für den Klimaschutz verbucht. Sogar wenn Urwälder durch Baum-Plantagen ersetzt werden, soll dies als Beitrag zur Senkung der Treibhausgasmengen gelten. Auch Projekte mit anderen Landwirtschaftsmethoden, etwa im Reisanbau, bei denen weniger Treibhausgase entstehen, sollen so verrechnet werden.Wälder und Wiesen können nach Ansicht von Experten allerdings nicht dauerhaft Kohlendioxid speichern. Bei Waldbränden werden innerhalb kürzester Zeit riesige Mengen Kohlendioxid wieder freigesetzt. Die industriellen Verursacher der Klimakiller-Gase werden nur am Rand erfasst.Ausserdem sollen Russland und die Ukraine, wo die Treibhausgasemissionen seit 1990 um etwa ein Drittel durch den Zusammenbruch von Industrien gesunken sind, ihre als «heisse Luft» bekannten Emissionsrechte voll anrechnen und an andere Länder verkaufen dürfen. Die USA etwa haben ein grosses Interesse daran, diese bereits verschwundenen Emissionen aufzukaufen, um zu Hause wie bisher überdurchschnittlich Energie verbrauchen und Treibhausgase freisetzen zu dürfen, weil sie sich «heisse Luft» in Osteuropa gekauft haben.Wenn der derzeitige Vorschlag von Pronk angenommen wird, schätzt Greenpeace, dass der Ausstoss an Klimagasen der Industriestaaten um über acht Prozent steigen könnte. In Kyoto war eine Senkung um fünf Prozent beschlossen worden. Durch die Haltung der USA, aber auch Japans und Kanadas, die nicht zur Senkung ihres Energieverbrauchs bereit sind, werden die Verhandlungen seit Anfang der Woche blockiert.