Torschlusspanik in der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield: Weil Berge von hochradioaktivem Abfall die Lagerkapazität übersteigen bleibt das Werk vorläufig geschlossen. Inwiefern das gestiegene Risiko von Terrorakten auf Atomanlagen und –transporte diesen Entscheid beeinflusste, ist unklar. Die Schweizer Atomindustrie hat in der letzten Zeit vermehrt auf das Sicherheitsmanko ihrer Anlagen aufmerksam gemacht. Greenpeace fordert die Schweizer Behörden auf, künftig auf die riskanten Atommüll-Transporte zu verzichten.

Zürich. Der atomare Abfallberg wächst und wächst: Die hochradioaktiven flüssigen und leicht flüchtigen Abfälle in der Wiederaufarbeitungsanlage im britischen Sellafield sprengen jede Lagerkapazität. Die britische Nuklearsicherheitsbehörde NII hat das Werk daher bis auf weiteres geschlossen. Schon früher hatten Aufsichtsbehörden das ungelöste Problem der Lagerung des hochgefährlichen Atommülls bemängelt. Die Verglasungsanlagen, die den nuklearen Abfall in einfacher zu handhabende Glaskokillen umwandeln sollen, sind schon mehrmals ausgefallen und arbeiten auch jetzt nicht. Erschwerend kommt dazu, dass die Anlage nach den schrecklichen Terrorangriffen in New York und Washington als mögliches Ziel einer weiteren Attacke gilt: Atomexperten haben die Wiederaufarbeitungsanlagen von Sellafield und La Hague/Frankreich als die weltweit gefährlichsten Ziele möglicher Terrorakte identifiziert. US-Energiedelegierter Spencer Abrahams sagte vor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA: «Wir können nicht annehmen, dass sich zukünftige Terroranschläge im Bereich bewegen, wie wir sie bisher erlebt haben.» Die USA haben die Gefahr erkannt und alle Atomtransporte bis auf weiteres suspendiert. Unter anderem bleiben 55 Tonnen Plutonium, die im Oktober aus verschiedenen US-Bundesstaaten nach South Carolina hätten gebracht werden sollen, in den geschlossenen atomaren Rüstungsanlagen. Am letzten Dienstag verliess ein Transport abgebrannter Brennelemente aus dem Kernkraftwerk Mühleberg die Schweiz in Richtung Grossbritannien. Die Brennelemente sollen in der überlasteten Anlage von Sellafield wiederaufbereitet werden. Bereits haben die zuständigen Behörden für die kommenden Wochen weitere Transporte von Schweizerischen Atomkraftwerken nach Sellafield und La Hague angekündigt. Nachdem die HSK im Sommer wieder Atommüll-Transporte nach Sellafield bewilligt hatte, betonte sie, die Sicherheitskultur der skandalumwitterten Wiederaufarbeitungsanlage künftig mit Argusaugen zu beobachten. Die Schweizer Atomindustrie hat in der letzten Zeit vermehrt auf das Sicherheitsmanko ihrer Anlagen aufmerksam gemacht. Greenpeace hat immer auf die Gefahren von Atommüll-Transporten und das mangelhafte Sicherheitsdispositiv der Wiederaufarbeitungsanlagen hingewiesen und fordert die Schweizer Behörden angesichts der jüngsten Ereignisse auf, ihre Wiederaufarbeitungspolitik zu überdenken und keine Atomtransporte mehr zu bewilligen.

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